….wie in einem anderen Thread angekündigt, hier die Geschichte einer 5j. Stute, deren Verlauf zahlreiche, typischeProbleme der Pferdeszene aus Zucht, Vermarktung und Reitsport aufwirft.
Sie zeigt auf,
a) wie kritisch die Lage der normalen Züchter ohne eigenes Netzwerk und finanziellen Background bei der derzeitigen Marktlage ist
b) wie schlecht das durchschnittliche reiterliche Niveau der breiten Käuferschaft inzwischen – vor allem im unteren Preissegment- geworden ist und welche Auswüchse daraus resultieren.
c) dass die Regel nicht mehr gilt: Ein gutes Pferd kostet gutes Geld. Gutes Geld kosten nur noch Pferde mit gutem Management einem vermeintlich perfektem Gesundheitsstatus. Ohne diese Mitgift können auch Qualitätspferde derzeit auf die Schlachtbank geraten.
Vorgeschichte:
· Klärchen wird als Fohlen mit erstklassigem Springpferdepedigreean einen anderen Züchter verkauft. Der gerät 3 Jahre später durch die Auflösungs einer Firma in finanzielle Probleme. Die ca. 20 Pferde incl. Eines 3 -4-köpfigen Turnierstalls sind nicht mehr haltbar. Allerdings lässt sich zu der Zeit auch kaum ein Pferd vernünftig verkaufen.
· Für Klärchen ist erst mal keine Zeit. Sollte urspr. Zuchtstute werden - Sie wird daher spät(4,5j) in einem Ausbildungsstall angeritten (3 Monate), kann aber trotzdem aufgrund ihres außergewöhnlichen Springtalents vermittelt werden. Siehe Foto im Anhang. Allerdings ergibt die röntg. AKU Klasse III (ein grosserChip), wodurch der Verkauf scheitert (04/2013). Geld, Zeit für eine OP ist nicht da. Jetzt taugt sie nur noch für den Freizeitreitermarkt.
· Auf dem ehemaligen Betriebsgelände werden nun "Notboxen“( Bretterverschläge) erstellt, damit die in Reitställen stehenden Reitpferdedort (auch Klärchen) untergebracht werden.Die Folge: Mehrere andere Pferde beginnen zu koppen/weben und werden damit auch wertlos.
· Pferdehändler bieten für die gerittenen Pferde mit Macken bzw. schlechtem TüV im Paket soviel, dass der Erlös pro Kopf nur unwesentlich über Schlachtpreis liegt. Die Ausbildungsställe, mit denen derZüchter kooperierte, lassen ihn auch im Regen stehen.
· Die Pferde werden nun(05/2013) z.T. unter Ehorses zum Billigtarif angeboten. Klärchen wird wieder relativ schnell an eine Freizeitreiterin verkauft. 09/2013 wird das Pferd aufgrund einer Lahmheit reklamiert, die sich jedoch später als angerittene Taktunreinheit (zügellahm) herausstellt. Der RA rät wg. des zu befürchtenden Gutachterstreites trotzdem zur Rücknahme.
· Von da an wird die Stute nur noch sporadisch von einem (Anfänger-) Mädchen bewegt und von einigen anderen Damen betüdelt. In Beritt wird nicht mehr investiert – das gibtder zu erwartende Preis nicht mehr her. HarzIV der Pferdewelt.
Ich bekomme Kontakt mit dem Pferd im Oktober 2013
· Eine Einstallerin sucht ein Freizeitpferd und hat die Stute auf ihrer Liste. Ich habe für meine Leute die Paroler ausgegeben, lieber einen guten Warmblüter mit Macke , aber dafür mitReitkomfort und Grundqualität, als irgendein Knappstrupper, Araber etc. Das Budget liegt bei max. 4k…….Ich fahre also200km weit mit – als Berater und „Tester“
· Vor Ort gibt Klärchen folgendes Bild: Viel zu fett, da nur noch Maissilage gefüttert wird -. – Auftrensen geht nur unter Öffnen der Backenstücke, da vollkommen kopfscheu– Vorreiten nach 20 Min longieren: Pferd kein bisschen an denHilfen. Schritt weggeritten, Trab nach wie vor taktunrein, Galopp mit dem Gebiss als 5. Bein. Bevor ich aufsteige,werde ich von den Damen gewarnt „ja mit der Hand vorsichtig sein“. 15 Minuten lang kreiere ich die Einheitsgangart „Schrallop“ – Pferd macht Vollbremsungen, wenn ich die Beine zu mache – meineFrau steht im Nieselregen am Viereck und ist am Rande eine Lachkrampfs - dann wird es besser und ich fühle: Da geht noch was ! Die Grundsubstanz ist noch nicht ganz zerstört.
· Für die Einstallerin kommt sie nicht infrage - vielzu grün. Ich sage dem Züchter ein paar Worte zum Zustand, worauf er mir nach und nach seine Geschichte erzählt. Durchaus ein sympathischer Pferdemann, dem die Verhältnisse einfach über den Kopf gewachsen sind. Er berichtet, dass die Stute zuletzt durchweg durch Freizeitreiter probiert wurde – alle auf unterstem reiterlichen Niveau, keiner kommt mit ihr klar. Klärchen ist jetzt auf dem Weg zur„Endlösung“…..
· Auf dem Rückweg gedrückte Stimmung – bis meine Frau urplötzlich sagt: WIR nehmen die ! Wir haben zwar unseren Eigenbedarf mehrfach gedeckt – aber auf einen Fresser mehr oder weniger kommt es nun auch nicht mehr an…..
Die Re-Integrationder Klärchen in das Arbeitsleben
· 29.10.2013 erster Arbeitstag siehe Foto– ein dickes, verzogenesKind, das keiner haben wollte. Auftrensen dauert 15 Min, Bandagen kriege ich gar nicht dran.
· In den ersten 3 Tagen geht eine Trense flöten, mehrere Anbindestricke, zwei Mal läuft sie mit mir in die Umrandung des Reitplatzes. (10 cm Edelstahlrohr). Dann ist die Messe gelesenund ich bin ihr Chef.
· Von da an geht die Korrektur in Riesenschritten voran. Mangels Alternativen reite ich sie selbst nach Büroschluss fast täglich(„Moonshine-Riding“). Nach der 1. Woche weiß ich, welchen Rohdiamanten ich da habe: Täglich verbesserte Grundgangarten,vorzügliche Rittigkeit und eine kaum zu übertreffendes Interieur. So macht Reiten und Ausbilden Spass. Im Freispringen mit Übersicht, Technik, Cleverness und unheimlicher Vorsicht.
· Ein paar Videoeindrücke von gestern – also exakt 3 Wochen nach Übernahme. Zeigt, dass ältereHerren mit Klärchen am langen Zügel durch die Weltgeschichte schroten können(das nächste Mal zeige ich Pauline auch, wo der Zoom beim I-Phone ist)
…und wie ein 15j Mädchen das Pferd vollkommen problemlos arbeiten kann(danke Pauline fürs „Modelln“)
Das „Schicksal des Klärchen“ dürfte kein Einzelfall sein. Ähnliche Fälle sind mir in den letzten Wochen begegnet. Wieviele gute Pferde gehen bei der derzeitigen Lage auf diese Weise unter, weil sie von den Züchtern als Ausschuss gehandhabt werden (müssen) und weil auf der Käuferseite die reiterliche Kompetenz in der Breite fehlt ?
Sie zeigt auf,
a) wie kritisch die Lage der normalen Züchter ohne eigenes Netzwerk und finanziellen Background bei der derzeitigen Marktlage ist
b) wie schlecht das durchschnittliche reiterliche Niveau der breiten Käuferschaft inzwischen – vor allem im unteren Preissegment- geworden ist und welche Auswüchse daraus resultieren.
c) dass die Regel nicht mehr gilt: Ein gutes Pferd kostet gutes Geld. Gutes Geld kosten nur noch Pferde mit gutem Management einem vermeintlich perfektem Gesundheitsstatus. Ohne diese Mitgift können auch Qualitätspferde derzeit auf die Schlachtbank geraten.
Vorgeschichte:
· Klärchen wird als Fohlen mit erstklassigem Springpferdepedigreean einen anderen Züchter verkauft. Der gerät 3 Jahre später durch die Auflösungs einer Firma in finanzielle Probleme. Die ca. 20 Pferde incl. Eines 3 -4-köpfigen Turnierstalls sind nicht mehr haltbar. Allerdings lässt sich zu der Zeit auch kaum ein Pferd vernünftig verkaufen.
· Für Klärchen ist erst mal keine Zeit. Sollte urspr. Zuchtstute werden - Sie wird daher spät(4,5j) in einem Ausbildungsstall angeritten (3 Monate), kann aber trotzdem aufgrund ihres außergewöhnlichen Springtalents vermittelt werden. Siehe Foto im Anhang. Allerdings ergibt die röntg. AKU Klasse III (ein grosserChip), wodurch der Verkauf scheitert (04/2013). Geld, Zeit für eine OP ist nicht da. Jetzt taugt sie nur noch für den Freizeitreitermarkt.
· Auf dem ehemaligen Betriebsgelände werden nun "Notboxen“( Bretterverschläge) erstellt, damit die in Reitställen stehenden Reitpferdedort (auch Klärchen) untergebracht werden.Die Folge: Mehrere andere Pferde beginnen zu koppen/weben und werden damit auch wertlos.
· Pferdehändler bieten für die gerittenen Pferde mit Macken bzw. schlechtem TüV im Paket soviel, dass der Erlös pro Kopf nur unwesentlich über Schlachtpreis liegt. Die Ausbildungsställe, mit denen derZüchter kooperierte, lassen ihn auch im Regen stehen.
· Die Pferde werden nun(05/2013) z.T. unter Ehorses zum Billigtarif angeboten. Klärchen wird wieder relativ schnell an eine Freizeitreiterin verkauft. 09/2013 wird das Pferd aufgrund einer Lahmheit reklamiert, die sich jedoch später als angerittene Taktunreinheit (zügellahm) herausstellt. Der RA rät wg. des zu befürchtenden Gutachterstreites trotzdem zur Rücknahme.
· Von da an wird die Stute nur noch sporadisch von einem (Anfänger-) Mädchen bewegt und von einigen anderen Damen betüdelt. In Beritt wird nicht mehr investiert – das gibtder zu erwartende Preis nicht mehr her. HarzIV der Pferdewelt.
Ich bekomme Kontakt mit dem Pferd im Oktober 2013
· Eine Einstallerin sucht ein Freizeitpferd und hat die Stute auf ihrer Liste. Ich habe für meine Leute die Paroler ausgegeben, lieber einen guten Warmblüter mit Macke , aber dafür mitReitkomfort und Grundqualität, als irgendein Knappstrupper, Araber etc. Das Budget liegt bei max. 4k…….Ich fahre also200km weit mit – als Berater und „Tester“
· Vor Ort gibt Klärchen folgendes Bild: Viel zu fett, da nur noch Maissilage gefüttert wird -. – Auftrensen geht nur unter Öffnen der Backenstücke, da vollkommen kopfscheu– Vorreiten nach 20 Min longieren: Pferd kein bisschen an denHilfen. Schritt weggeritten, Trab nach wie vor taktunrein, Galopp mit dem Gebiss als 5. Bein. Bevor ich aufsteige,werde ich von den Damen gewarnt „ja mit der Hand vorsichtig sein“. 15 Minuten lang kreiere ich die Einheitsgangart „Schrallop“ – Pferd macht Vollbremsungen, wenn ich die Beine zu mache – meineFrau steht im Nieselregen am Viereck und ist am Rande eine Lachkrampfs - dann wird es besser und ich fühle: Da geht noch was ! Die Grundsubstanz ist noch nicht ganz zerstört.
· Für die Einstallerin kommt sie nicht infrage - vielzu grün. Ich sage dem Züchter ein paar Worte zum Zustand, worauf er mir nach und nach seine Geschichte erzählt. Durchaus ein sympathischer Pferdemann, dem die Verhältnisse einfach über den Kopf gewachsen sind. Er berichtet, dass die Stute zuletzt durchweg durch Freizeitreiter probiert wurde – alle auf unterstem reiterlichen Niveau, keiner kommt mit ihr klar. Klärchen ist jetzt auf dem Weg zur„Endlösung“…..
· Auf dem Rückweg gedrückte Stimmung – bis meine Frau urplötzlich sagt: WIR nehmen die ! Wir haben zwar unseren Eigenbedarf mehrfach gedeckt – aber auf einen Fresser mehr oder weniger kommt es nun auch nicht mehr an…..
Die Re-Integrationder Klärchen in das Arbeitsleben
· 29.10.2013 erster Arbeitstag siehe Foto– ein dickes, verzogenesKind, das keiner haben wollte. Auftrensen dauert 15 Min, Bandagen kriege ich gar nicht dran.
· In den ersten 3 Tagen geht eine Trense flöten, mehrere Anbindestricke, zwei Mal läuft sie mit mir in die Umrandung des Reitplatzes. (10 cm Edelstahlrohr). Dann ist die Messe gelesenund ich bin ihr Chef.
· Von da an geht die Korrektur in Riesenschritten voran. Mangels Alternativen reite ich sie selbst nach Büroschluss fast täglich(„Moonshine-Riding“). Nach der 1. Woche weiß ich, welchen Rohdiamanten ich da habe: Täglich verbesserte Grundgangarten,vorzügliche Rittigkeit und eine kaum zu übertreffendes Interieur. So macht Reiten und Ausbilden Spass. Im Freispringen mit Übersicht, Technik, Cleverness und unheimlicher Vorsicht.
· Ein paar Videoeindrücke von gestern – also exakt 3 Wochen nach Übernahme. Zeigt, dass ältereHerren mit Klärchen am langen Zügel durch die Weltgeschichte schroten können(das nächste Mal zeige ich Pauline auch, wo der Zoom beim I-Phone ist)
…und wie ein 15j Mädchen das Pferd vollkommen problemlos arbeiten kann(danke Pauline fürs „Modelln“)
Das „Schicksal des Klärchen“ dürfte kein Einzelfall sein. Ähnliche Fälle sind mir in den letzten Wochen begegnet. Wieviele gute Pferde gehen bei der derzeitigen Lage auf diese Weise unter, weil sie von den Züchtern als Ausschuss gehandhabt werden (müssen) und weil auf der Käuferseite die reiterliche Kompetenz in der Breite fehlt ?
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