Erreicht die Zucht noch den „normalen" Reiter?
Ein Leserbrief zu den laufenden Hengstpräsentationen
Derzeit sind die Züchter heiß umworbener Kunde der einzelnen Hengsthalter. In der heutigen Zeit der Kommunikation sind Bilder der Hengste schon überholt. CDs als Beilage in fast allen Pferdezeitschriften und Internetpräsentationen der Hengstschauen sind für alle zur Meinungsbildung über den zukünftigen Vater ihres Fohlens angesagt. Wenn man sich als interessierter Pferde-mann/-frau mehrere Präsentationen anschaut, sind bei den ewigen Trabtouren, etwas Galopp und etwas Schritt mittlerweile kaum noch Unterschiede bei den Hengsten zu erkennen. Piaffe - Passage - Galoppwechsel, alles in höchster Versammlung, von Vollprofis geritten, begeistern immer wieder die Zuschauer. Bei Applaus an verkehrter Stelle reagieren die Hengste höchst sensibel! Welcher normale Reiter braucht diese „Spezial-Vererber"? Brauchen wir „normale" Reiter nicht Vererber, die sichere und zuverlässige Pferde als Nachkommen haben, mit guten Grundgangarten und gutem Springvermögen? Wäre es nicht an der Zeit, bei Hengstvorführungen auch mal den Charakter und die Wesensfestigkeit eines Hengstes zu zeigen und nicht nur die unnormalen Trabbewegungen mit spektakulärem Vorderbein? (Die Hinterhand wird oft vergessen ...) Könnten die Hengsthalter vielleicht mal einen Hengst demonstrieren, der Applaus locker meistert, keine Angst vor Fahnen oder Bällen hat und relaxt auf alles, was ihm vorgesetzt wird, reagiert? Und dabei noch ordentlich trabt und springt? Wäre nicht dem Züchter auch geholfen, wenn er ein gut gebautes, aber charakterfestes Fohlen anbieten kann, welches sich auch vier-oder fünfjährig ohne große Probleme von Anfängern reiten lassen würde? Erzählungen „alter" Pferdeleute zufolge war es früher möglich, mit jungen Pferden durchs Dorf zu reiten und an Umzügen teilzunehmen ... Mit der heutigen Nachzucht bei der extremen Spezialisierung der Hengste kaum noch möglich. Aber die Züchter werden weiterhin an ihre besseren Vermarktungschancen bei spektakulären Hengsten denken und weniger an das, was danach folgt.
Peter Nysten, Aachen
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