"Seit einigen Jahren sei jedoch zu beobachten, dass größere Züchterhöfe andere Prioritäten setzten. Das träfe auch das Landgestüt Celle, das Hogrefe aus seiner Zeit als Zuständiger der CDU-Landtagsfraktion im Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags, noch gut kenne."
Wenn man sich auf die Ebene der Politik begibt, werden die Zusammenhänge oft vielschichtig, die Auseinandersetzung mit Hintergründen wird eher umfangreicher, so wie auch der Text dieser Meldung. Für eine faktisch korrekte Berichterstattung, aber auch die Möglichkeit einer Einordnung der Informationen erscheint manchmal auch etwas mehr Umfang notwendig.
Mit einer bemerkenswerten, öffentlichen Stellungnahme hatte der ehemalige Landtagsabgeordnete und heutige Kommunalpolitiker Wilhelm Hogrefe sich zu den Vorgängen innerhalb des Hannoveraner Verbandes und explizit zu der Personaldiskussion um den derzeit freigestellten Geschäftsführer und Zuchtleiter Dr. Werner Schade zu Wort gemeldet. In dieser Meldung hatte Hogrefe deutlich Position zugunsten von Dr. Schade bezogen und den geschäftsführenden Vorstand scharf kritisiert, unter anderem wurde Hogrefe in derVerdener Kreiszeitung mit dem Ausdruck „profilsüchtige Funktionäre“ zitiert. Die Redaktion hatte Herrn Hogrefe dazu einige Fragen übermittelt um die Hintergründe seines außergewöhnlichen Engagements für die Person des freigestellten Geschäftsführers und Zuchtleiters zu diesem Zeitpunkt in das laufende Verfahren des Verbandes hinein zu beleuchten und nachzuvollziehen. Unter anderem fragten wir nach einer eventuellen züchterischen Betätigung, einer eventuellen Mitgliedschaft im Hannoveraner Verband, seinen Beweggründen sich derart zu positionieren. Wir interessierten uns für die Frage, ob Wilhelm Hogrefe selber anwesend war, anlässlich der Delegiertenversammlung im April oder der Info – Veranstaltung im Januar. Statt tatsächlich konkreter Antworten auf alle unsere Fragen erreichte uns zunächst am Samstag ein Statement von Herrn Wilhelm Hogrefe indem er zunächst auf seine langjährige Landtagstätigkeit verweist in deren Verlauf er maßgebliche Landesmittel als Zuschuss für den Tierzuchtstandort Verden sichern konnte. Weiter verweist Hogrefe darauf, dass insgesamt wohl fast 10 Millionen € an öffentlichen Mitteln in den letzten 30 Jahren in das Absatz-, Pferdesport- und Zuchtzentrum Verden investiert worden seien. Dies sei eine Voraussetzung dafür gewesen, dass sich der Hannoveraner Verband zum weltweit größten und bedeutendsten Warmblutzuchtverband der Welt habe entwickeln können. Weiter bekennt sich Wilhelm Hogrefe als glühender Verehrer des H.J. Köhler und Rathje Niebuhr, ebenso wie er auch die Nachfolger und viele weitere Führungspersönlichkeiten des Verbandes in der Zeit von 1970 bis heute persönlich kennen und schätzen gelernt habe, besonders hervorgehoben nennt Hogrefe, Manfred Schäfer, Landstallmeister Dr. Bade und Geschäftsführer Dr. Wilkens. Als dritte Voraussetzung für den Hannoveraner Erfolg definiert Hogrefe in seiner Stellungnahme an uns, die Solidarität unter den Verbandsmitgliedern sowie die Erkenntnis: „Wir sind nur gemeinsam stark.“ Seit einigen Jahren sei jedoch zu beobachten, dass größere Züchterhöfe andere Prioritäten setzten. Das träfe auch das Landgestüt Celle, das Hogrefe aus seiner Zeit als Zuständiger der CDU-Landtagsfraktion im Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags, noch gut kenne. Eine Antwort auf die Frage nach eigener Praxiserfahrung zum Pferd oder gar zur Zucht bleibt Hogrefe in seiner Stellungnahme an uns schuldig, ebenso wie auf die Frage nach eigener Betätigung innerhalb des Verbandes, die ihm tatsächlich eigene Innenansichten hätte ermöglichen können. Im weiteren Verlauf bemüht sich Hogrefe erneut dem von ihm favorisierten, freigestellten Dr. Schade den Rücken zu stärken. Zitat: „Es geht mir dezidiert darum, dass sich der Hannoveraner Verband nicht selber zerlegt, zumal die Delegiertenversammlung im April der Geschäftsführung den Rücken gestärkt hat. Dort hat Herr Dr. Schade Unterstützung bekommen!“ Dabei bleibt unsere Frage nach der Anwesenheit vor Ort am 11. April jedoch ebenfalls unbeantwortet. Wie Wilhelm Hogrefe zu einem derartigen Erkenntnisgewinn kommt, der ihn zu einer derartigen Aussage zu diesem Zeitpunkt des Verfahrens veranlasst, ohne möglicherweise vor Ort gewesen zu sein, bleibt offen. Weiter führt Hogrefe aus: „Was jetzt der Geschäftsführende Vorstand macht, ist in der Delegiertenversammlung nicht mehrheitsfähig!“ Die Frage der satzungsgemäßen Zuständigkeit, die gar nicht bei der Delegiertenversammlung liegt, scheint Hogrefe dabei nicht zu bekümmern. Es gehe ihm um die hohen öffentlichen Mittel, die am Standort Verden eingesetzt wurden. „Ich halte es für meine Pflicht, mit dafür zu sorgen, dass die Mittel weiterhin ihre Wirkung entfalten können, zumal es derzeit darum geht, weitere Millionenbeträge in das Vorhaben auf dem Rennbahngelände zu investieren.“ Führt er weiter aus und zwei Tage später folgt ein weiteres kurzes Statement, um das wir gar nicht ersucht hatten, in dem Hogrefe sich veranlasst sieht uns mitzuteilen, er bedanke sich für unsere Berichterstattung, da er nun von überall her Zustimmung, besonders von kleineren Zuchtbetrieben erhalte. „Die wissen, dass es richtig ist, was Dr. Schade mit seinem Team macht: Keine Bevorzugung großer Züchter und keine Duldung von Handlungen, die nicht den Grundsätzen von "good government" entsprechen.“ Auf welcher Informationsgrundlage diese Aussage beruht bleibt wie so vieles offen. Während offensichtlich in beiden Statements der Eindruck intimster, eigener Kenntnisse der internen Vorgänge des Hannoveraner Verbandes vermittelt werden soll, äußern sich der Redaktion gegenüber Verbandsinsider mit der Aussage, man habe Herrn Hogrefe in über 10 Jahren in der Verbandszentrale nicht bewusst gesehen. Weiter beruft sich Hogrefe auf Hintergrundgespräche mit Amtsträgern der öffentlichen Verwaltung vor Ort, die auf Nachfrage der Redaktion dann allerdings doch mit dem klaren Hinweis auf das derzeitig offene Verfahren die Vorgänge gar nicht kommentieren möchten und auch ihr Amt nicht in diesem Zusammenhang genannt wissen möchten. Rückhaltlose Unterstützung sieht dann doch eigentlich anders aus. Nun hätte sicher kaum ein Beobachter auch nur die Augenbraue hochgezogen, hätte sich ein mittlerweile in der Kommunalpolitik verhafteter Politiker betroffen und neutral über die sichtbar gewordenen Vorgänge innerhalb des Verbandes gezeigt, hätte seine Bedenken bekundet und auf die Bedeutung des Hannoveraner Verbandes als Standortfaktor für Stadt, Kreis und Land verwiesen. Wer sich ein wenig mit Politik beschäftigt, dem stellt sich allerdings zwangsläufig die Frage, warum oder in wessen Auftrag sich ein Politiker, der selber weder aktiver Pferdezüchter noch Verbandsmitglied ist (eine Frage hierzu blieb unbeantwortet), der sich in seinen Statements auf Veranstaltungen beruft, die er selber offenbar nicht vor Ort verfolgt hat (zumindest gibt es keinerlei berichtete Sichtung und gezielte Fragen nach der Anwesenheit blieben mehrfach unbeantwortet) und der sich ermächtigt sieht, für Amtsträger mitzusprechen ohne im Vorfeld diese Aussagen autorisieren zu lassen, warum zeigt sich ein Politiker derart engagiert zugunsten einer angestellten Einzelperson eines Zuchtverbandes? In unserer Recherche fiel auf, dass sich etliche Kommunalpolitiker hinter vorgehaltener Hand und inoffiziell zunächst positiv zur Person von Dr. Schade äußerten. Auf unsere Nachfrage auf welcher Grundlage sie ihr Urteil fällen würden, kam in der Regel die Aussage mit Pferden habe man nichts zu tun und von Zucht verstünde man nichts, man kenne Dr. Schade einzig aus Verhandlungen und Gesprächsrunden im Kommunal- bzw. Landespolitischen Kontext, meist mit Standortpolitischer Ausrichtung. Auch weiteres Basiswissen zu den Themen Auktionswesen, oder gar Innenansichten des Hannoveraner Verbandes konnte keiner dieser Gesprächspartner berichten. Ob es für Kommunalpolitiker tatsächlich angemessen erscheint, sich auf derart dünner Informationsgrundlage zu einer internen Personalfrage eines weltweit agierenden Pferdezuchtverbandes zu positionieren, mag jeder Leser für sich beurteilen. Auf die Frage ob man denn auch das Gespräch mit dem geschäftsführenden Vorstand gesucht habe um seine Bedenken zu benennen Hintergründe zu erfahren und sich ein umfassendes Bild zu verschaffen, gab es entweder, wie im Falle von Wilhelm Hogrefe bisher keine Antwort oder es wurde verneint. Bleibt also auf öffentlichen Erkenntnisgewinn zu warten, wenn der Geschäftsführende Vorstand seine Begründung zur Freistellung des Geschäftsführers und Zuchtleiters bekannt gibt oder es zu einer abschließenden Entscheidung der Personalie durch die zuständigen Verbandsgremien kommt.
Kommentar