Pferdezüchter als Spielball für Gerichte, Anwälte, Gutachter & Tierärzte - Leserbrief

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    • 10.12.2013
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    Pferdezüchter als Spielball für Gerichte, Anwälte, Gutachter & Tierärzte - Leserbrief

    und zu guter Letzt..... in dieser Ausgabe waren ausnehmend gute Leserbriefe enthalten! Ich kann Euch nur empfehlen, diese Zeitung zu abonnieren, es lohnt sich wirklich!

    Briefe, Faxe, Mails

    Zurück zu der kaiserlichen Verordnung?

    Ein Leserbrief über Pferdezüchter als Spielball für Gerichte, Anwälte, Gutachter und Tierärzte

    Seit 1899, d. h. nunmehr seit 120 Jahren, galt beim Pferdekauf und Pferdeverkauf die sogenannte kaiserliche Verordnung. Da haftete der Verkäufer 14 Tage für bestimmte Krankheiten, die als Hauptmangel bezeichnet wurden. Mit Einführung des so-genannten Verbrauchsgüterkaufrechts hat man seit dem 1. 1. 2002 das Lebewesen Pferd der Haftung mit toten Sachen wie z. B. Waschmaschinen, Staubsauger usw. gleichgestellt. Damit wurde der Haftungszeitraum von 14 Tagen auf bis zu zwei Jahre ausgedehnt. Meines Erachtens haben seinerzeit die Verbände und Tierzuchtorganisationen bei der durchgeführten Gesetzesänderung tief geschlafen. Ein unmöglicher Zustand. Tierärzte haften bis zu 30 Jahre für das von ihnen erstellte Untersuchungsgutachten. Und wenn der öfter als dreimal seine Haftpflichtversicherung ansprechen muss, wird in vielen Fällen seine Haftpflichtversicherung von Seiten der Versicherung gekündigt. Die Folge ist, dass die Tierärzte bei der Ankaufsuntersuchung sehr sehr vorsichtig werden. Letztlich ist bei jedem Pferd etwas zu finden! Kürzlich sagte eine Pferdevermittlerin: „Ich habe in den letzten beiden Monaten vier Pferde vermittelt. Drei davon sind bei dem TÜV durch-gefallen, d. h. kaputt geschrieben!" Man darf fragen, was nun mit solchen Pferden geschehen soll. Dazu noch einige weitere Beispiele aus der Praxis:

    Fall 1
    Ein Bekannter verkaufte vor einigen Jahren ein gutes vierjähriges Dressurpferd für 17.000 Euro. Der Züchter bekam 14.000 Euro und der Vermittler 3000 Euro. Das Pferd entwickelte sich gut und die Käuferin meldete verschiedene Turniererfolge. Nach acht Monaten wurde das Pferd reklamiert wegen Lahmheit. Es kam zu einem längeren Gerichtsprozess. Da ein Richter solche Dinge rein fachlich nicht beurteilen kann, wurden im Laufe der Zeit vom Gericht nacheinander drei Gutachter eingesetzt. Nach Angaben des eingeschalteten Anwaltes war der Prozess längst entscheidungsreif und er hatte den Eindruck, dass der Richter der Käuferin Recht geben wollte. Deshalb wurde dann ein vierter Gutachter eingesetzt. Mittlerweile war man bei einem Streitwert von ca. 35.000 Euro angelangt! Dem tüchtigen Anwalt und Pferdekenner gelang es letztlich, das Gericht davon zu überzeugen, dass die Reklamation nicht berechtigt war und der Prozess abgewiesen wurde. Und das Pferd geht heute wieder erfolgreich im Sport! Der Züchter hat mehr als zwei Jahre viele schlaflose Nächte gehabt!

    Fall 2
    Vor einigen Jahren verkauften wir ein mittleres Pferd. Nach einem Jahr und einem Tag wurde das Pferd reklamiert. Es würde lahm gehen. Wir haben der jungen Frau angeboten, das Pferd für 3000 Euro unter dem Kaufpreis zurückzunehmen. Sie war damit einverstanden. Innerhalb von drei Wochen wurde das Pferd für den alten Kaufpreis weiterverkauft. Nach einiger Zeit meldete sich die junge Frau noch mal. Sie bedankte sich, weil das so problemlos gelaufen war. Ja, sie hätte zu der Zeit Probleme gehabt. Ihr neuer Freund hätte für Pferde nichts übrig und sie konnte die monatlichen Pensionskosten nicht mehr aufbringen. Der Freund hätte ihr geraten, das Pferd wegen Lahmheit zu reklamieren. Das könnte man ohnehin nicht einwandfrei feststellen. Ja, und seit dem 1. Januar 2002 - mit dem Inkrafttreten des sogenannten Gebrauchsgüterkaufrechts - haftet der Pferdeverkäufer nicht mehr 14 Tage für sechs Hauptmängel, sondern für alle Mängel, die zum Zeitpunkt des Verkaufs vorhanden waren. Ein un-möglicher Zustand bei Lebewesen! Welcher Experte kann mit absoluter Sicherheit sagen, ob und welche Mängel das be-treffende Pferd zum Zeitpunkt des Verkaufs hat? Und da geht es dann los. Beim ersten geschilderten Fall schaltete das Gericht nacheinander vier Gutachter ein, um festzustellen, ob die angegebene Lahmheit der Stute auf einen Mangel des Tieres zum Zeit-punkt des Verkaufs zurückzuführen war oder später entstanden war, z. B. infolge nicht sachgerechter Behandlung des Tieres nach dem Kaufzeitpunkt. Ein Fachanwalt für Pferderecht sagte, dass er über 900 an-hängige Pferdeprozesse zu bearbeiten hätte!

    Ein weiterer Fall Im Juni 2018 gaben wir eine schöne sechs-jährige Stute zu einem sehr guten Ausbilder und Vielseitigkeitsreiter. Die Stute wurde in unserem Auftrag von ihm verkauft für 17.000 Euro. Auf Wunsch der Käuferin wurde das Pferd in Telgte klinisch und röntgenologisch untersucht. Alles prima bis auf eine angebliche Verengung der Domfortsätze im Rückenbereich. Wir mussten 2000 Euro nachlassen. Gut zehn Wochen später wurde die Stute reklamiert. Nach Mitteilung der Anwaltssozietät Klimke wäre die Käuferin noch mal zu der wie er schreibt „international renommierten Fachklinik für Pferde" gefahren. Ihr wurde empfohlen, die Stute noch mal vorzustellen wegen Verdacht auf chronische Bronchitis und die Stute vor-sorglich zu reklamieren. Wohlgemerkt: Die Stute war am 30. Oktober 2018 dort in der international renommierten Fachklinik für Pferde untersucht und für gut befunden worden. Dieselbe Klinik empfiehlt bei der Untersuchung am 7. Januar 2019, die Stute vorsorglich zu reklamieren! Bei der Stute war gesundheitlich vorher nie etwas festgestellt worden - auch nicht während des Trainings vom 18. Juni 2018 bis zur Untersuchung in der international renommierten Fachklinik für Pferde am 30. Oktober 2018. Nach Ansicht des Unterzeichners ist die Übertragung des Gebrauchsgüterkaufrechts von Gebrauchsgegenständen wie Waschmaschinen, Staubsauger, Rasenmäher usw. auf lebendige Tiere ein unmöglicher Zustand. Es ist eine eindeutige Fehlentwicklung, das Lebewesen Pferd hinsichtlich der gesundheitlichen Haftung mit Waschmaschinen, Staubsaugern, Rasenmähern usw. gleichzusetzen. Was soll ein Verkäufer noch mehr machen, als ein Pferd abzugeben, wenn es laut Ankaufsuntersuchung ok ist? Nun geht es um die Frage: Wann hat sich das Pferd einen Infekt geholt? Wo hat sich das Pferd einen Infekt geholt? Kann es sein, dass der Infekt latent vorhanden war? Mit solchen Fragen sind Tierärzte und Gutachter auch überfordert. Es kann sein, es kann nicht sein. Wir müssen bei den Pferden zurück zu der kaiserlichen Verordnung! Gelingt das nicht, bedeutet das den schleichenden Tod der deutschen Pferdezucht, wobei die Zuchtverbände und die großen Pferdekliniken ebenso in den Abwärtsstrudel hineingezogen werden! Wenn die Pferdezucht abwärts geht, bleiben die Zuchtverbände und großen Pferdekliniken davon ebenfalls nicht verschont. Solange das Gebrauchsgüterkaufrecht auf Pferde angewandt wird, ist es für Züchter ein nicht zu vertretender Leicht-sinn und ein nicht abschätzbares Risiko, überhaupt noch eine Stute decken zu las-sen! Bei der jetzigen Gesetzeslage ist die Pferdezucht in Deutschland ein Spielball für Gerichte, Anwälte, Gutachter und Tierärzte. Hier sind die Verbände und die FN und andere Organisationen gefordert, auf nationaler wie auch auf europäischer Ebene aktiv zu werden und alles zu versuchen, eine Gesetzesänderung zu erwirken. Und das in erste Linie für uns Züchter und in zweiter Linie aus Selbsterhaltungstrieb.

    Dipl.-Ing. Arend Kamphorst
  • Carley
    • 25.01.2019
    • 1513

    #2
    Ja ein absolutes Armutszeugnis von Deutschland, Tiere mit Dingen gleichzusetzen. Und das nicht nur beim Pferdehandel.

    Kommentar


    • Drenchia
      Drenchia kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      in anderen Ländern ist es wohl anders?

    • Carley
      Carley kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      Mir geht es da um den Punkt, dass das Tier im GG aufgeführt wurde und gleichzeitig dann doch wieder mit Dingen vergleicht wird. Ich meine in Neuseeland wird das Tier tatsächlich als lebendes, fühlendes Wesen geführt. Wie es da mit den Verkaufsgesetzten aussieht weiß ich nicht.
  • max-und-moritz
    • 04.06.2006
    • 3441

    #3
    14 Tage "Garantie" sind aber auch zu wenig, über diese kurze Zeit läßt sich so einiges mit Chemie unterdrücken, dann geht der Besch... erst so richtig los.
    Wer neue Wege scheut, muß alte Übel dulden.

    Kommentar

    • Lule
      PREMIUM-Mitglied
      • 19.02.2012
      • 980

      #4
      Die o.g. Regelungen gelten EU weit, Die Schuldrechtsreform diente der Vereinheitlichung der Rechtslage in Europa, und den Rest hat der EuGH geschafft, der- was wir ja sonst begrüßen- ausgesprochen verbraucherfreundlich ist.

      Kommentar

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