Wie immer, horse-gate-mods, löschen oder rausnehmen, wenn das von Eurer Printausgabe nicht erwünscht ist......
Danke Herr Dr. Köhne. Leider scheinen Sie zu der ausstrebenden Sparte der Züchter zu gehören.....
Briefe, Faxe, Mails
Wertschätzung der Züchter?
Ein Leserbrief mit einigen sehr ernst gemeinten Bemerkungen zur aktuellen Hengstvermarktung
Die große Zeit der Hengstvorführungen (vornehmer: -präsentationen) ist gerade wieder vorbei. Zu diesen Veranstaltungen strömt das werte Züchterpublikum unverändert in Scharen. Aber was bieten diese grandiosen Showveranstaltungen wirklich an Information? Zu sehen sind Springhengste, die mühelos und ohne Fehler hohe Steilsprünge und breite Oxer überwinden, bzw. im anderen Lager in immer den gleichen Figuren durch die Bahn schwebende, an den Beinen „bis über die Ohren" eingepackte Dressurkracks, die Vorderbeine in den Himmel werfend. Die Moderatoren preisen selbst Junghengste ohne nachgewiesene Eigenleistung, geschweige denn mit Nachkommenleistung ständig nur noch in Superlativen an. Teile von Prüfungsergebnissen werden nur kommuniziert, wenn sie die Note 9 und besser erreicht haben, Gesamtergebnisse demzufolge eher nicht. Solche hochgepushten Hengste sind oft schon dreijährig „genial", es fehlt eigentlich nur noch, dass sie als gottbegnadete Vererbungskoryphäen bezeichnet werden. Geht's vielleicht auch etwas nüchterner und sachlicher?
Was ist eigentlich aus dem standardisierten Vergleich bei der HLP geworden, den die FN so lange durchsetzen wollte? Jetzt ist individuelle Vorbereitung Trumpf. Wenn's dann auch noch nicht klappt, weicht man ins europäische Ausland aus - bis es passt. Zunehmend fallen alle diese Hengste auch wie Manna vom Himmel.
Besonders vornehme und kapitalkräftige „Hengsthäuser" verzichten seit Längerem in ihren aufwendigen, bunten Prospekten auf die Nennung des Namens des Züchters ihres Wundertieres, sie haben den Genius schließlich entdeckt und fachgerecht gemanagt, warum soll man da auch noch kostenlos Reklame für den Züchter machen - und wir Züchter lassen uns das klaglos bieten, sind eben Rohstofflieferanten, vergleichbar Schweinemästem und Kuhbauern, die ihre Produkte auch anonym abliefern. Stattdessen sitzen die vom Geistesblitz getroffenen (genialen) Anpaarungsplaner bei den sog. Züchterehrungen wie Hühner auf der Stange in der ersten Reihe an der Bande und werden am Fließband mit festem Händedruck und gerahmten Bildchen vom werten Hengsthalter/in im Vorbeigehen geehrt, dauert keine fünf Minuten - the show must go on.
Das Neueste schwappt jetzt vor allem aus dem EU-Norden in die Decksaison 2019 in Deutschland. Man kann und soll die Decktaxen ja individuell festlegen, aber muss man nun auch noch obendrauf die Mehrwertsteuer aufschlagen? Bislang war die Decktaxe ein Inklusivpreis, reicht nun wohl nicht mehr bei den teuren Hengsteinkäufen. Solche offensichtlichen Preiserhöhungen sollten die Züchter nicht hinnehmen — oder denken diese Leute tatsächlich, dass das keiner merkt? Können wir Züchter auf die insgesamt offensichtliche Missachtung reagieren? Selbstverständlich, wir haben ja die Stuten, man kann solchem Matchogehabe durch Verzicht bzw. Wechsel zu den die kleinen Züchter mehr wertschätzenden Hengsthaltern entgegentreten. Auch andere Stationen haben hübsche Väter, tolle Junghengste, die vielleicht im Einkauf nicht so teuer geworden sind, verhalten sich aber züchter-freundlicher. Außerdem gilt, dass zwar jede Preisspitze ein Hengst ist, dieser sich aber oft schon mit seinem erstem Jahrgang nicht als Vererber zeigt, sondern unspektakuläre Nachkommen in Massen geliefert hat oder die Prüfung nicht bestanden hat und (im europäischen Ausland) nachsitzen muss. Abwarten kann sich lohnen. Was kann man sonst tun? Beispielsweise die Zeit für Katalogstudium und Hengstshow sparen und ein vergleichsweise nüchternes Hengstturnier besuchen - wenn man denn unbedingt vom jungen, als genial erklärten Nachwuchsstar decken lassen will. Da kann man seine Favoriten lange in Ruhe in Standardaufgaben beobachten und sich eine eigene Meinung bilden, sieht z. B. unverpackte Fundamente, kann das Verhalten beurteilen, kann sich auch mehr oder weniger fachkundige Kommentare anhören und trifft auch noch nette Leute zum Erfahrungsaustausch. Leider sind aber zu wenige dieser Beobachter da - beispielsweise das Hengstturnier in Verden glänzte auch im dritten Jahr mit dem weitestgehenden Fehlen der interessierten,
züchtenden Zuschauer, tendenziell sogar mit wachsender Abstinenz. Die Weggebliebenen sollen laut Aussage von Offiziellen aber alle zu Hause ClipMyHorse gucken, der Spartenkanal muss an den Tagen also tolle Quoten haben. Aber wenn das nicht so ist und wir Züchter uns den ganzen anderen Mist bieten lassen, dann haben wir es auch nicht besser verdient - es zählen offenbar keine Fakten, sondern man gibt sich Illusionen hin, vielleicht trifft einen doch einmal der Hauptgewinn.
Dr. Hinrich Köhne, Landwirt und Pferdezüchter seit Jahrzehnten
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