Trauer mit Berlin

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  • shiraly
    • 06.12.2008
    • 530

    #21
    cofan, es tut mir leid, aber ich verstehe nicht wie irgendwer immer noch so argumentieren kann, der im letzten Jahr aufmerksam seriöse Berichte zum Thema verfolgt hat.

    ​​​​​​ad 1. Nur weil andere Länder dramatischere Verhältnisse haben, ist es keine Lösung, Menschen die Einreise nach Europa zu erlauben. Jedenfalls dann nicht, wenn man möglichst vielen Menschen helfen will - der Aufwand, hier Menschen zu versorgen, ist nun mal um ein Vielfaches grösser. Es wird also nur wenigen geholfen.

    Diese wenigen suchen die Schlepper aus - nicht wir. Die Allerärmsten können sich nämlich die Reise nach Europa (die ca. 10.000 Euro pro Person verschlingt) gar nicht leisten. Dazu, siehe Berichte in der "Zeit", machen Familien Schulden (Marokko, Afghanistan), verkaufen ihre Häuser und Geschäfte (Bericht über eine afghanische Familie in Griechenland, die Gemüsegeschäft, Haus und Auto für die Kosten der Reise verkauft hat), sprich: Deutschlands Einwanderungspolitik animiert Menschen, ihre Existenzen zu ruinieren und ihr Leben zu riskieren. Im Gegensatz zu gängigen Meinung machen das Menschen nicht aus purer Verzweiflung, sondern aus dem dringenden Wunsch nach verbesserten Lebensbedingungen, und auch dann, wenn sie in ihrem Land durchaus ein Auskommen hatten. Auch die heuer in Italien gelandeten Menschen riskieren ihr Leben, um mit dem Güterzug weiter nach Deutschland zu kommen. Die verhungern alle nicht in Italien und sind nicht bedroht.
    Die jetzige "Flüchtlingspolitik" ist also vom humanitären Standpunkt eine Katastrophe, weil Gelder reicher Länder himmelschreiend ineffizient eingesetzt werden und noch dazu eine Vermögensvernichtung in armen Ländern stattfindet. Dazu bleiben die Ärmsten, wo sie sind, im unveränderten Zustand.
    Ich meine, die westliche Welt hat sich in den letzten Jahrzehnten an ineffizenter, strukturzerstörender "Entwicklungshilfe" schon genug geleistet (ich beschäftige mich seit 40 Jahren mit dem Thema). Irgendwann sollten wir fähig sein, daraus zu lernen, zum Beispuel, dass gut gemeint meist das Gegenteil von gut ist.

    2) Das mit den fehlenden Geldern für Flüchtlingslager ist ein Skandal, aber schwerlich die Ursache weil a) der überwiegende Teil 2015 gar nicht aus Syrien kam (einfach offizielle deutsche Statistiken lesen) und b) unterversorgte Flüchtlinge, die alles verloren haben, sich keinen Schlepper leisten können. Siehe auch Hintergrundrecherche der "Zeit" in Marokko, wo in den von Journalisten besuchten Dörfern fast jede Familie einen zweiten oder dritten Sohn geschickt hat, meist die Sorgenkinder der Familie, damit sie wenigstens als Investition in Europa taugen (Geld schicken oder weitere Familie nachholen).
    Welche Perspektive junge Männer in Europa haben, die schon im eigenen Land trotz vorhandener familiärer finanzieller Ressourcen keinen Fuss auf den Boden bekommen, kann man sich vorstellen. Im besten Fall werden sie lebenslang besozialwirtschaftet, im schlechtesten machen sie Weihnachtsmärkte unsicher.

    3) Auch vor der australischen Küste sind Menschen massenweise ertrunken. Seit illegale Einwanderung in Australien unter keinen Umständen mehr zum Aufenthalt führt, ertrinkt niemand mehr, weil es sich nicht mehr lohnt. Australien gewährt trotzdem Schutz (in Vietnam) und nimmt jährlich 10.000 Menschen auf, die die offiziellen Einwanderungsbedingungen nicht erfüllen können.

    Ich habe eine Tochter mit Migrationshintergrund (Vater Israeli stammend aus dem Irak). Sie ist Künstlerin und reist viel (mit öffentlichen Verkehrsmitteln). Sie ist nun nicht bloss Zielscheibe europäischer Idioten (die keine orientalisch aussehenden Leute mögen), sondern auch der Leute, die sie für ein Mädchen mit moslemischen Hintergrund halten (und meinen, sie sollte einen Schleier tragen). Was ebensolche Leute zu der jüdischen Herkunft sagen würden, möchte ich mir nicht mal ausmalen.
    Gegen eine Gruppe junger Männer, die nichts zu verlieren haben, hilft keine erhobene Brust. Solche jungen Männer gab es in .de vorher auch schon, nur seit 2015 gibt es signifikant mehr davon, mit bekannten Konsequenzen. (siehe auch Kriminalstatistik).
    Das heisst, die aktuelle Politik ist nicht nur humanitär kontraproduktiv, sondern wird auch auf dem Rücken vor allem junger Frauen und vorhandener Minderheiten gemacht. Viele hier lebenden Minderheiten haben Angst (wie zum Beispiel mir bekannte Mitglieder der jüdischen Gemeinde).

    Das ist das krampfhafte Festhalten an einem Weltbild, in dem die Aufnahme von "Flüchtlingen" gegen alle Fakten für gutes Gewissen sorgt, ganz einfach nicht wert. Und wenn nicht bald ein vernünftiger öffentlicher Diskurs in Gang kommt, wo unbestreitbar demokratisch gesinnte KritikerInnen nicht gleich niedergeschrien werden (wie zum Beispiel der österreichische Aussenminister Kurz oder der der deutsche Grüne Boris Palmer), dann werden politisch wichtige Begiffe wie Demokratie, Rechtsstaat, Antirassismus, Menschenrechte und Asyl weiterhin entwertet werden, bis sie von einer Mehrheit nicht mehr mitgetragen werden. Und dann haben wir Verhältnisse, die sich niemand von uns wünscht.

    ​​​

    Kommentar

    • CoFan
      • 02.03.2008
      • 15252

      #22
      @shiraly: Wie argumentiere ich denn? Und für was? Ich glaube, Du hast meine beiden Beiträge nicht genau gelesen.

      Mir geht es vor allem um eines: Wahrnehmung von Ereignissen, selektive Wahrnehmung. Über mein Weltbild habe ich wenig bis gar nichts geschrieben.

      Frau Merkel wird gerne so hingestellt, als hätte sie 2015 höchstpersönlich die große Fluchtbewegung in Richtung Europa ausgelöst. Daher kommt die Parole "Danke, Merkel", die auch hier vorgetragen wurde. Alles Quatsch. Die leeren Kassen des UNHCR haben sehr wohl etwas mit dem Anstieg (nichts anderes habe ich geschrieben) der Zahlen zu tun. Sie sind eines der Beispiele, dass "wir" mit unserer Hilfe vor Ort versagt haben, dass wir wesentlich schwächere Länder mit den Problemen alleine lassen.

      Dieser Thread hier bezieht sich auf das aktuelle Attentat in Berlin. Auch dieser Attentäter war 2015 nicht dabei. Er saß vorher schon mehrere Jahre in Italien im Gefängnis. Also wieder nix mit "Danke, Merkel". Die schlimme Lage in Frankreich hat sehr viel mehr mit deren verfehlter Integrationspolitik zu tun, als mit den aktuellen Flüchtlingen etc. etc.

      Wir haben doch aktuell gar keinen unkontrollierten massenhaften Flüchtlingszustrom mehr nach Deutschland. Das nimmt nur keiner wahr. Warum? Weil man nicht genau hinschaut, weil man sich Angst einjagen lässt und sich auf Shitstorms konzentriert.

      Meinst Du die Kriminalitätsstatistik, die gerade aktuell ergeben hat, dass die Vergehen durch Flüchtlinge stark zurück gegangen sind? Die eh schon hauptsächlich aus Bagatelldelikten (wie Schwarzfahren) bestanden haben?

      Aus meiner Sicht muss sich die (gesamte europäische) Politik einige Dinge vorwerfen lassen. Dass sie sich jahrelang (in ruhigen Zeiten) auf das unsägliche Dublin Verfahren verlassen hat, was dann kläglich versagt hat, als es richtig ernst wurde. Dass die Sicherheits"apparate" aufgrund von Sparzwängen ausgedünnt wurden, die innerdeutsche (hat man ja schon bei den NSU Morden gesehen) und die europäische Zusammenarbeit in allen Sicherheitsfragen eklatante Mängel aufweist etc. etc. Aber genau diese Themen stehen nirgendwo wirklich auf der Agenda.

      Heute läuft doch schon wieder so ein Schmierentheater ab. Verhältnismäßigkeit bei allen (!) Polizeieinsätzen muss meiner Meinung nach stetig hinterfragt werden. So läuft das in einem Rechtsstaat im Vergleich zu einem Polizeistaat nun mal ab. Es ist überhaupt nicht verwerflich, solche Fragen zu stellen. Es kommt immer auf die Antworten an. Keiner nimmt aber wahr, dass auch Frau Peter (mit ihrer Einzelmeinung - wie sich auch in Politikerkreisen aller !! Parteien gezeigt hat) schon lange zurück gerudert ist (meiner Meinung nach völlig zu recht, allerdings hat die Polizei heute im Laufe des Tages auch sachlich fundiert die Vorgehensweise erklärt und nicht in Kurzformeln getwittert). Um was wetten wir, dass diese "Sau noch lange durchs Dorf getrieben" wird? Statt zu sagen "okay, das wäre geklärt, wo ist die nächste Baustelle?".

      Und jetzt mal zu "mir": Aus Erfahrung weiß ich, dass Angst kein guter Ratgeber ist. Dass es aber immer wieder Menschen gibt, die versuchen Dir Angst einzujagen, um Dich zu steuern. Ich war mal so gesteuert, mit allen negativen Konsequenzen. Deshalb schalte ich inzwischen erstmal auf stur, wenn mir jemand oder "etwas" krampfhaft versucht Angst einzujagen, verifiziere Risiken und setze sie mit meinen Alltagsrisiken ins Verhältnis. Deshalb steige ich auch schnell aus aktuellen Mediendynamiken aus und bewerte erst nach einer gewissen Zeit. Was nicht heißt, dass die auslösenden Ereignisse keine Spuren bei mir hinterlassen. Aber ich will nicht aus meiner Betroffenheit und Sorge dann Angst und Beklemmung machen lassen.


      Zuletzt geändert von CoFan; 02.01.2017, 21:48.

      Kommentar

      • shiraly
        • 06.12.2008
        • 530

        #23
        Cofan, deine selektive Wahrnehmung ist wirklich erstaunlich.

        Zum einen: Anis Amri ist Juli 2015 in Deutschland eingereist. Der war also 2015 dabei. Vorher war er in Tunesien kriminell, später in Italien, wo man ihn aber nicht abschob, sodass er nach .de kommen konnte, als die Gelegenheit zur Einreise günstig war.

        Zum zweiten: Zeige mir eine einzige Hintergrundrecherche die belegt, dass ein nennenswerter Anteil 2015 tatsächlich aus unterdotierten Flüchtlingslagern gekommen sind. Ich kenne nur Berichte (wie gesagt aus unverdächtigen Quellen wie der "Zeit"), dass sich Leute von Afghanistan bis Marokko aufgemacht haben, weil sie sich von Merkel eingeladen fühlten. Das wird in jeder Reportage erwähnt, wobei die Journalistinnen der "Zeit" nicht Ant-Merkel-Propaganda im Sinne haben, sonder schlicht nichts daran finden, wenn Asylgesetze für Einwanderung gebraucht wird. Merkel alleine ist nicht schuld - sondern auch diejenigen, die ihr applaudiert haben und immer noch applaudieren.

        Zur Kriminalstatistik: Empfehle zur Lektüre: http://blogs.faz.net/stuetzen/2016/1...-die-afd-7249/

        Ich persönlich habe viele Jahre in der Nähe der Wiener Pratersterns gewohnt. Das war noch nie eine Gegend für Heilige, aber den Wienern (egal welcher biologischer Hintergrund) ist es nie eingefallen, zu fünft über eine ihnen völlig unbekannte Frau herzufallen. Was diesen jungen Männern im alkoholisierten Zustand (alles unbegleitete Minderjährige) eingefallen ist, unterscheidet such qualitativ von den Einfällen der "eigenen" Idioten. Zivilisation ist eben Arbeit, die anderswo nicht so intensiv betrieben wurde wie hierzulande. Siehe dazu auch:

        Es gibt unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die alles verloren haben. Aber viele andere werden von den Eltern vorgeschickt. Das ergibt enorme Probleme, vor allem, wenn das Recht auf Familiennachzug greift.


        ​​​​​​​Selbst in Statistiken, die versuchen die Kriminalität beruhigend hinzustellen, wird darauf hingewiesen, dass junge Männer ohne Perspektive am ehesten kriminell werden. Genau diese importiert die derzeitige Politik, was eben zur (von niemandem bestrittenen) Tatsache führt, dass 40% der illegal eigereisten Marokkaner (meist UMFs) in Köln kriminell werden. Eine UMF-Karriere hat im übrigen auch der Attentäter von Berlin im Lebenslauf.

        Ich sehe das genau umgekehrt: Der mediale Hype bezog sich auf eine Idealisierung von Fremden geradezu im Kiplingschen Ausmaß. Wir sind die Guten - erinnert mich an die Werbung vom armen kleinen Negerlein in meiner Kindheit und an die späteren Plakate der Caritas, wo eine grosse weiße Hand eine kleine schwarze hält. Die Folge war paternalistische Entwicklungshilfe mit desaströsen Ergebnissen. Heute wandert das Zielpublikum kiplingscher-paternalistischer Ambitionen unter Missbrauch von Asylgesetzen bei uns ein und bietet einer entsprechend gepolten Mittelschicht Betätigung, in Form von staatlich geförderten Projekten.

        Ob das nachhaltige Hilfe ist, steht ebensowenig zur Diskussion wie weiland in Indien, Afrika oder Nicaragua. Dafür feiern wir Sylvester unter Polizeischutz.

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