Ich weiss keinen besseren Titel für diesen Thread, vermutlich gibt es auch schon siebenhundertneunzig andere Faden mit einer ähnlichen Thematik, dennoch möchte ich gerne meine jüngsten Erlebnisse und die daraus entstandenen Gedanken mit der Forumsgemeinde teilen.
Ich war am letzten Wochenende als vollkommen neutraler Besucher auf einem großen internationalen Turnier im europäischen Ausland. Hier habe ich mir den großen Preis angeschaut.
Nach den ersten fünf Paaren bin ich ein wenig nachdenklich geworden, und nach dem Ende der Prüfung war ich regelrecht entrüstet.
Die Frage die sich mir stellt: Haben die "großen" Reiter von heute eigentlich eine Ahnung, in welchem öffentlichen Interesse sie sich innerhalb des Parcours (zu übertragen sicherlich auch aufs Viereck) befinden?
Zunächst einmal auffällig die Materialschlacht an den Köpfen der Pferde. Ich glaube da läuft ein Wettlauf, wer möglichst viel Metall und Leder in und um die Mäuler der vierbeinigen Sportskameraden unterbringt. Abenteuerliche Kombinatioinen aus Dressurkandarre, Hackemore und Aufziehtrense waren da in mannigfaltigsten Varianten zu sehen. Lediglich drei Pferde (von über 30!!) gingen auf Wassertrense, weitere fünf bis acht waren mit einem einfachen Pelham noch gut bedient.(Lustigerweise waren die meisten der o.g. am Ende weit vorne platziert)
Teilweise sah man sehr talentierte Pferde, die vor lauter Beschäftigung mit dem Eisenwarenladen im Gesicht wirklich vermeidbare Fehler nach Hause brachten.
Nächster Punkt: Sobald ein Reiter Sprung eins und zwei überwunden hatte, rauschte bereits der nächste Teilnehmer in die Bahn (in 90 % der Fälle im Galopp) und hatte so noch genügend Zeit, sein Pferd noch mal richtig anständig einzustellen. Kopf von Karpus zu Karpus gezerrt, Galopp- Halten Übergänge mit anschließendem Pass-Tralopp rückwärts und energischem Kickstart und diverse andere Übungslektionen aus der hohen Kunst der Reiterei wurden da geboten.
Hatten die Damen und Herren den (zugegebenermaßen wirklich anspruchsvollen aber doch fairen) Kurs überwunden, hatten Sie auch noch mal eine Menge Zeit, ihre vierbeinigen Partner ordentlich zu korrigieren. Nicht selten wurde direkt nach der Ziellinie die Handbremse aufs letzte gezogen, ein fein gesetzter Insterburger oder die gute alte Sporen-ins-Herz Variante benutzt um dem Ärger über Fehler im Verlaufe des Parcous Luft zu machen. Im Gedächtnis Geblieben ist mir hier besonders eine bereits mit internationalen Medaillen bedachte Teilnehmerin, die in aller Seelenruhe auf einem von ihr erdachten Viereck vor der Startlinie alle Schwierigkeiten einer M-Dressur zeigte, allerdings mit Kopf zwischen den Vorderbeinen und weit aufgerissenem Pferdemaul.
Auch schön das Pferd, das zwei Mal anhielt aufgrund von einer Unsicherheit auf dem nicht immer optimalen Geläuf in der vorangegangenen Wendung. Dieses wurde von seinem Reiter nach abläuten noch ein drittes Mal in Endgeschwindigkeit in Richtung Sprung gejagt um dann zwei Galoppsprünge vorher mit herzhaftester Handeinwirkung so gestoppt zu werden, dass es sich zusammenschob wie eine Zieharmonika. Als Dankeschön durfte es dann auch im Seitgalopp in Richtung Ausgang steppen.
Positve Beispiele sollen hier nicht unerwähnt bleiben. Ein Markus Ehning, der nach der Ziellinie (und unwahrscheinlich schönem, harmonischem Reiten) durchpariert und am langen Zügel im Schritt die Bahn verlässt, ein Jens Fredriksson, der vor lauter Freude über seinen Nuller fast vom Pferd fällt und sich lediglich totlacht, ein Philipp Weishaupt, der den Eindruck einer lässigen Trainingsrunde hinterlässt, ein John Kerry und ein Jeroen Dubbeldam, die ihre Pferde nach dem Umlauf erst mal am Eingang grasen lassen. Ein Rolf Moormann, der eine hektische Acorte in aller Ruhe abspannt; Ein Hendrik von Eckermann, der seinem an diesem Tag anscheinend leicht überforderten Pferd im Parcours zwar alles abverlangt, es danach aber sofort lobt und mit den Zügeln an der Schnalle erst einmal den Gurt lockert.
Schöne Bilder, aber leider die Minderheit.
Was will ich damit sagen?
In unserem schönen Sport ist anscheinend die Weiterentwicklung der öffentlichen Wahrnehmung und der Medienwelt noch nicht angekommen.
In Zeiten von Web-TVs mit live-Übertragung und online Ergebnisdiensten sind auf jeder Katzenkirmes die Reiter bemüht, schöne Bilder abzuliefern, funktionierts mal nicht, hebt man die Hand, denn ein schlechtes Ergebnis steht für die Ewigkeit im Netz.
Nicht so im großen Sport. Wissen die Teilnehmer denn nicht, dass sie sich in der Arena auf der großen öffentlichen Bühne befinden?
Haben die nopch nie die Trailer für Reitturniere im Fernsehen gesehen, Zusammenschnitte von fiesen Stürzen, hervortretenden Adern, aufgerissenen Mäulern, aus denen die Zunge von Ohr zu Ohr fliegt?
Mein Apell: Diese Leute haben eine Verantwortung und zwar für den Sport, die Zucht und die ganze Branche!!!
Hätte ich als Kind diesen großen Preis gesehen, hätte ich meine Mutter nicht gebeten mir ein Springpony zu kaufen, sondern eher um einen IsiAndaHafi um ins Gelände zu schuckeln...
Die Stimmen: "Man tut nur das, was erlaubt ist", kenn ich zu genüge; aber da stellt sich doch die Frage nach dem gesunden Menschenverstand!!!!
Nur weil ich drei Kilo Aluminium ins Pferdemaul schnallen darf, bzw. das nicht ausdrücklich verboten ist, muss ich es doch nicht tun!!!
Wenn ich mein Pferd nicht lenken kann, dann übe ich das zu Hause!!!
Was ich auf dem Abreiteplatz nicht geschafft habe, krieg ich in der Vorbereitung im Parcours doch auch nicht hin...?!
Wenn meine Runde nicht so lief wie vorgestellt, korrigiere ich draußen oder übe mehr bis zum nächsten Mal!!!
Eine Selbstverständlichkeit auf jedem ländlichen Heckenfest, bei den großen nicht "en vogue" so scheint es mir...
Das System krankt, und wenn sich nicht bald etwas ändert, ist unser Sport todgeweiht.
Schlechte Bilder im Parcours erzeugen schlechte Presse. Schlechte Presse erzeugt weniger Fernsehzeit und schlechte Grundhaltung in der Allgemeinbevölkerung. Geringere Fertnsehzeiten senken die Wahrnehmung in der Bevölkerung. Geringere Wahrnehmung senkt die Zahl der reitenden Kinder. Sinkende Zahlen reitender Kinder senken die Zahl der verkauften "normalen" Pferde. Ein geringerer Markt für die normalen senkt die Bedeckungen. Abbauen tun aber nur die, die rechnen, häufig die Züchter mit wirklichen Qualitätspferden.
Der Spaß endet dann damit dass nur noch Pferde Marke "Mutter:Wald und Wiesenliesel Vater: toller schwarzer Hengst" produziert werden und Produkte der bekannten Großproduzenten. Daraus folgt eine schwindende Qualitätsdichte in der Spitze und somit auch weniger Material für die lustigen Kollegen vom großen Preis.
Wollen wir das? Können wir uns das leisten? Ist unser Sport tatsächlich so elitär und geldgesteuert, dass uns das gemeine Volk am Allerwertesten vorbeigeht?
Wenn ja, Prost Mahlzeit.
Wenn nein, ist es dringend an der Zeit etwas für die Öffentlichkeitsarbeit zu tun. Der Partner Pferd muss wieder mehr in den Vordergrund, sowohl Reiter als auch Offizielle müssen sich überlegen, was von welcher Seite zu einem schöneren Sport beigetragen werden kann.
Ich weiss, das ich mit meiner Stimme nicht viel ausrichten kann, trotzdessen werden meine Überlegungen nach Übersetzung an die FEI gehen, die FN darf das ruhig auch mal zu lesen bekommen und vielleicht auch eine Reitervertretung.
Ich bin weiss Gott weit weg von jeglicher Wendyfraktion und versuche mit Hilde logischer Argumentaion ein wenig meinem Ärger Luft zu machen, und jeder den man damit erreicht oder den man zum Nachdenken anregt ist ein Gewinn für mich, für den Sport, und nicht zu letzt auch die Pferde...
Just my two cents...
Paradox
Ich war am letzten Wochenende als vollkommen neutraler Besucher auf einem großen internationalen Turnier im europäischen Ausland. Hier habe ich mir den großen Preis angeschaut.
Nach den ersten fünf Paaren bin ich ein wenig nachdenklich geworden, und nach dem Ende der Prüfung war ich regelrecht entrüstet.
Die Frage die sich mir stellt: Haben die "großen" Reiter von heute eigentlich eine Ahnung, in welchem öffentlichen Interesse sie sich innerhalb des Parcours (zu übertragen sicherlich auch aufs Viereck) befinden?
Zunächst einmal auffällig die Materialschlacht an den Köpfen der Pferde. Ich glaube da läuft ein Wettlauf, wer möglichst viel Metall und Leder in und um die Mäuler der vierbeinigen Sportskameraden unterbringt. Abenteuerliche Kombinatioinen aus Dressurkandarre, Hackemore und Aufziehtrense waren da in mannigfaltigsten Varianten zu sehen. Lediglich drei Pferde (von über 30!!) gingen auf Wassertrense, weitere fünf bis acht waren mit einem einfachen Pelham noch gut bedient.(Lustigerweise waren die meisten der o.g. am Ende weit vorne platziert)
Teilweise sah man sehr talentierte Pferde, die vor lauter Beschäftigung mit dem Eisenwarenladen im Gesicht wirklich vermeidbare Fehler nach Hause brachten.
Nächster Punkt: Sobald ein Reiter Sprung eins und zwei überwunden hatte, rauschte bereits der nächste Teilnehmer in die Bahn (in 90 % der Fälle im Galopp) und hatte so noch genügend Zeit, sein Pferd noch mal richtig anständig einzustellen. Kopf von Karpus zu Karpus gezerrt, Galopp- Halten Übergänge mit anschließendem Pass-Tralopp rückwärts und energischem Kickstart und diverse andere Übungslektionen aus der hohen Kunst der Reiterei wurden da geboten.
Hatten die Damen und Herren den (zugegebenermaßen wirklich anspruchsvollen aber doch fairen) Kurs überwunden, hatten Sie auch noch mal eine Menge Zeit, ihre vierbeinigen Partner ordentlich zu korrigieren. Nicht selten wurde direkt nach der Ziellinie die Handbremse aufs letzte gezogen, ein fein gesetzter Insterburger oder die gute alte Sporen-ins-Herz Variante benutzt um dem Ärger über Fehler im Verlaufe des Parcous Luft zu machen. Im Gedächtnis Geblieben ist mir hier besonders eine bereits mit internationalen Medaillen bedachte Teilnehmerin, die in aller Seelenruhe auf einem von ihr erdachten Viereck vor der Startlinie alle Schwierigkeiten einer M-Dressur zeigte, allerdings mit Kopf zwischen den Vorderbeinen und weit aufgerissenem Pferdemaul.
Auch schön das Pferd, das zwei Mal anhielt aufgrund von einer Unsicherheit auf dem nicht immer optimalen Geläuf in der vorangegangenen Wendung. Dieses wurde von seinem Reiter nach abläuten noch ein drittes Mal in Endgeschwindigkeit in Richtung Sprung gejagt um dann zwei Galoppsprünge vorher mit herzhaftester Handeinwirkung so gestoppt zu werden, dass es sich zusammenschob wie eine Zieharmonika. Als Dankeschön durfte es dann auch im Seitgalopp in Richtung Ausgang steppen.
Positve Beispiele sollen hier nicht unerwähnt bleiben. Ein Markus Ehning, der nach der Ziellinie (und unwahrscheinlich schönem, harmonischem Reiten) durchpariert und am langen Zügel im Schritt die Bahn verlässt, ein Jens Fredriksson, der vor lauter Freude über seinen Nuller fast vom Pferd fällt und sich lediglich totlacht, ein Philipp Weishaupt, der den Eindruck einer lässigen Trainingsrunde hinterlässt, ein John Kerry und ein Jeroen Dubbeldam, die ihre Pferde nach dem Umlauf erst mal am Eingang grasen lassen. Ein Rolf Moormann, der eine hektische Acorte in aller Ruhe abspannt; Ein Hendrik von Eckermann, der seinem an diesem Tag anscheinend leicht überforderten Pferd im Parcours zwar alles abverlangt, es danach aber sofort lobt und mit den Zügeln an der Schnalle erst einmal den Gurt lockert.
Schöne Bilder, aber leider die Minderheit.
Was will ich damit sagen?
In unserem schönen Sport ist anscheinend die Weiterentwicklung der öffentlichen Wahrnehmung und der Medienwelt noch nicht angekommen.
In Zeiten von Web-TVs mit live-Übertragung und online Ergebnisdiensten sind auf jeder Katzenkirmes die Reiter bemüht, schöne Bilder abzuliefern, funktionierts mal nicht, hebt man die Hand, denn ein schlechtes Ergebnis steht für die Ewigkeit im Netz.
Nicht so im großen Sport. Wissen die Teilnehmer denn nicht, dass sie sich in der Arena auf der großen öffentlichen Bühne befinden?
Haben die nopch nie die Trailer für Reitturniere im Fernsehen gesehen, Zusammenschnitte von fiesen Stürzen, hervortretenden Adern, aufgerissenen Mäulern, aus denen die Zunge von Ohr zu Ohr fliegt?
Mein Apell: Diese Leute haben eine Verantwortung und zwar für den Sport, die Zucht und die ganze Branche!!!
Hätte ich als Kind diesen großen Preis gesehen, hätte ich meine Mutter nicht gebeten mir ein Springpony zu kaufen, sondern eher um einen IsiAndaHafi um ins Gelände zu schuckeln...
Die Stimmen: "Man tut nur das, was erlaubt ist", kenn ich zu genüge; aber da stellt sich doch die Frage nach dem gesunden Menschenverstand!!!!
Nur weil ich drei Kilo Aluminium ins Pferdemaul schnallen darf, bzw. das nicht ausdrücklich verboten ist, muss ich es doch nicht tun!!!
Wenn ich mein Pferd nicht lenken kann, dann übe ich das zu Hause!!!
Was ich auf dem Abreiteplatz nicht geschafft habe, krieg ich in der Vorbereitung im Parcours doch auch nicht hin...?!
Wenn meine Runde nicht so lief wie vorgestellt, korrigiere ich draußen oder übe mehr bis zum nächsten Mal!!!
Eine Selbstverständlichkeit auf jedem ländlichen Heckenfest, bei den großen nicht "en vogue" so scheint es mir...
Das System krankt, und wenn sich nicht bald etwas ändert, ist unser Sport todgeweiht.
Schlechte Bilder im Parcours erzeugen schlechte Presse. Schlechte Presse erzeugt weniger Fernsehzeit und schlechte Grundhaltung in der Allgemeinbevölkerung. Geringere Fertnsehzeiten senken die Wahrnehmung in der Bevölkerung. Geringere Wahrnehmung senkt die Zahl der reitenden Kinder. Sinkende Zahlen reitender Kinder senken die Zahl der verkauften "normalen" Pferde. Ein geringerer Markt für die normalen senkt die Bedeckungen. Abbauen tun aber nur die, die rechnen, häufig die Züchter mit wirklichen Qualitätspferden.
Der Spaß endet dann damit dass nur noch Pferde Marke "Mutter:Wald und Wiesenliesel Vater: toller schwarzer Hengst" produziert werden und Produkte der bekannten Großproduzenten. Daraus folgt eine schwindende Qualitätsdichte in der Spitze und somit auch weniger Material für die lustigen Kollegen vom großen Preis.
Wollen wir das? Können wir uns das leisten? Ist unser Sport tatsächlich so elitär und geldgesteuert, dass uns das gemeine Volk am Allerwertesten vorbeigeht?
Wenn ja, Prost Mahlzeit.
Wenn nein, ist es dringend an der Zeit etwas für die Öffentlichkeitsarbeit zu tun. Der Partner Pferd muss wieder mehr in den Vordergrund, sowohl Reiter als auch Offizielle müssen sich überlegen, was von welcher Seite zu einem schöneren Sport beigetragen werden kann.
Ich weiss, das ich mit meiner Stimme nicht viel ausrichten kann, trotzdessen werden meine Überlegungen nach Übersetzung an die FEI gehen, die FN darf das ruhig auch mal zu lesen bekommen und vielleicht auch eine Reitervertretung.
Ich bin weiss Gott weit weg von jeglicher Wendyfraktion und versuche mit Hilde logischer Argumentaion ein wenig meinem Ärger Luft zu machen, und jeder den man damit erreicht oder den man zum Nachdenken anregt ist ein Gewinn für mich, für den Sport, und nicht zu letzt auch die Pferde...
Just my two cents...
Paradox
Kommentar