Inzestzucht - was ist davon zu halten?

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  • Poetin
    • 10.04.2003
    • 780

    #41
    @springnachwuchs
    nun ich bin ja auch in gewissen Punkten für eine Orientierung an Leistungen, Erfolgen ect.
    was mir aber speziell bei deinen Aussagen auffällt ist, dass immer wieder Zitate fallen wie " kenne einen Züchter xy der hat das so gemacht und da sind sehr viele internat. erfolgreich gelaufen" klingt für mich so als wär das ein Freifahrtschein für die Inzuchtvarianten ??
    Schön und gut wenn viele internat. erfolgreich laufen, aber weiß man auch wie es um die Gesundheit der jeweiligen Pferde bestellt ist, will hier nichts unterstellen aber das kostet schon mal seinen Preis..

    Vom wissenschaftl. bzw. medizinischen Standpunkt her ist es ganz eindeutig so, zumindest was ich bisher gelehrt bekam(allerdingsHumanbereich), dass es bei engerem Inzuchtgrad, zu einer teilweise signifikanten Erhöhung der Mutationen bzw. Mutationsrate kommt-->(Rückkreuzung aller Mendel zu dem Thema), da es in diesem Punkt natürlich auch vom Grad der Inzucht ankommt ist auch klar und ich spreche hiermit nicht ein Papier an wo vielleicht in 5 Gernerationen zweimal Hengst xy auftaucht.
    ..was aus meiner Sicht einfach abzulehnen ist bzw. für mich nicht in Frage kommt ist enge Inzucht und so Anpaarungen aller 1. 2 Generation, sollte doch die Gesundheit und Vielfalt der Tiere im Vordergund stehen und nicht nur internat. Erfolge, aber da mag ich für mich anders gestrickt sein...
    Zuletzt geändert von Poetin; 29.09.2007, 12:39.

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    • #42
      @Springnachwuchs. Dr. Niehaus in allen Ehren aber der Mann ist wie Du selbst sagst 1986 gestorben. In den 80ern ist man gerade mal dahintergekommen, dass man es mit dem Contergan vielleicht doch etwas genauer hätte nehmen sollen und dass DDT auch keine so ausschließlich fantastische Sache war
      Heute ist 2007... Ich darf deshalb der Einfachheit halber auf die Arbeit von Kräusslich und Brem verweisen mit der sie 1997 nachgewiesen haben, dass eine ingezüchtete Population vereinfacht gesagt dreimal so krank ist wie eine nicht ingezüchtete. Genauer gesagt haben sie den Einfluss krankmachender ätiologischer Faktoren (Krankheitsanfälligkeit/Liability) in der relativen Häufigkeit verglichen und dabei festgestellt, dass bei sonst gleichen Bedingungen 7,5% der ingezüchteten erkrankten während es bei den nicht ingezüchteten nur 2,5% waren. Das reicht doch wohl um eine enge Inzucht in der Pferdezucht als Instrument abzulehnen. Darüber hinaus haben Schleger und Stur schon 1990 (das ist ja auch immerhin schon wieder 17 Jahre her) sehr anschaulich nachgewiesen, dass Inzucht die genetische Variabilität deutlich einschränkt. Das heißt doch im Klartext, dass man langfristig und auf die Population bezogen sowohl die erwünschten wie auch die unerwünschten Merkmale in ihrer qualitativen Ausprägung einebnet (=weniger Ausreißer nach unten oder oben, oder wie es beim Trakehner zu sehen ist *alle springen gleich schlecht* (Scherzmodus wieder aus!!!). Genau die Ausreißer (oder besser davon diejenigen welche das Glück hatten, dass sie eben in einer erwünschten Eigenschaft nach oben ausreißen und nicht a) von Anbeginn an kräpelig sind oder b) leider mit ihrem Springgenius auch eine mentale Vollmeise oder schwächelnde Bindegewebsanteile gratis mit dazubekommen haben) sind aber doch die von Dir angeführten Spitzenprodukte die den Einsatz einer (zugegeben schneller zum fragwürdigen Ziel führenden) engen Inzucht rechtfertigen sollen. Daher beißt sich irgendwo die Katze in den Schwanz und ich ziehe mich auf die sehr viel einfacher einzuhaltende Formel: 'Gesundheit vor allem anderen' zurück.
      Du hast doch selbst Pferde im Sport laufen und weißt am allerbesten wie essentiell eine kernige Gesundheit dafür ist, landfristig erfolgreich zu bleiben. Diese kernige Gesundheit ist ungleich schwieriger zu erzielen als ein augenscheinlicher Zuchtfortschritt auf ein oder zwei Kriterien die im Sport vorrangig interessieren.
      Und wo wir gerade dabei sind: Seit 1995 schon wissen wir dank Winter, dass es eine hohe Korrelation (0,4 bzw. 0,5!!) zwischen guter Rittigkeit und Springanlage auf der einen und OCD und Hufrollenentzündung auf der anderen Seite gibt. Noch viel erschreckender: Hohe Noten für die Vorderbeine gehen mit einem signifikant erhöhten Risiko für Hufrollenentzündung einher (Faktor 0,5!!)
      Ist seitdem irgendetwas groß verändert worden in der Pferdezucht? Guckt deswegen irgendein Körkommissar genauer hin oder hat man die Standards mal irgendwie angeglichen? Nicht dass ich wüsste. Wäre aber vielleicht mal eine Überlegung wert

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      • Urtica
        • 23.06.2007
        • 75

        #43
        In der Welsh-Zucht ist Linienzucht auch sehr verbreitet - ebenso wie in den Anfängen der DRP-Zucht.
        Ich züchte auch des öfteren mit Halbgeschwistern, auch hätte ich kein Problem Vater-Tochter-Verpaarungen zu nehmen, wenn danach!!!! mit unverwandten Stämmen weitergezüchtet wird!
        Worauf ich achte ist allerdings, dass die Geschwister über die Vaterlinie miteinander verwandt sind und nicht über die Mutterlinie. Auch von der Mutter-Sohn-Variante lasse ich die Finger. Da kenne ich zwar hervorragende Ergebnisse, aber auch Fohlen, die nicht älter als ein Jahr wurden und dazu hänge ich zu sehr an meinen Babys.
        Save earth! It´s the only planet with chocolate

        and a balanced diet means chocolate in both hands!

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        • #44
          Sehr schön, hat ja die Frage doch noch mal was ins Rollen gebracht. Danke für die Erklärungen - und ja, ich kenne die Definition.

          Kareen, zu Deiner Frage, was der Heterosiseffekt mit Inzucht zu tun hat:

          Du hast es Dir selber mit folgendem Satz beantwortet
          Ich darf deshalb der Einfachheit halber auf die Arbeit von Kräusslich und Brem verweisen mit der sie 1997 nachgewiesen haben, dass eine ingezüchtete Population vereinfacht gesagt dreimal so krank ist wie eine nicht ingezüchtete.
          Im Prinzip besagt nämlich der Heterosiseffekt nur: je heterozygoter ein Individuum ist, desto widerstandsfähiger und anpassungsfähiger ist es. Homozygotie schränkt grundsätzlich die Anpassungsfähigkeit ein. Und zwar nicht nur an dem für uns offensichtlichen Punkt (wir sehen die Farbe eines Pferdes, aber wir sehen nicht die Effekte, die die gleiche Genkombi auf die Adrenalinproduktion hat). Das zugehörige Phänomen nennt sich Pleiotropie - die These, daß ein Gen immer nur für ein Protein und _ein_ ganz spezifisches Merkmal codiert, ist lange schon überholt. Ein Gen kann - je nach dem, in welchem Gewebe es exprimiert wird, wie es gesplict wird, mit welchen anderen Genen es (oder mit welchen anderen Genprodukten sein Produkt) in Wechselwirkung tritt - sehr sehr unterschiedliche und vor allem viele Merkmale beeinflussen.
          Gerade in Verbindung mit Farbzuchten gibt es da bei allen Tierarten immer wieder sehr interessante Effekte Aber es glaubt wohl niemand ernsthaft, daß sich das nur auf die Selektion bestimmter Farben beschränkt... Das Merkmal, das ich mir da raussuche ist völlig egal. Irgendeinen Preis zahle ich immer für die Verstärkung einer Eigenschaft.

          Wenn ich durch Inzucht (welcher Art auch immer) den Genpool immer weiter verkleinere, gelange ich irgendwann an einen Punkt, wo die Fohlen eben nur noch maximal ein Jahr alt werden. Ganz genau. Und wenn man diesen Punkt erst mal erreicht hat, ist Hopfen und Malz schon ziemlich verloren. Denn _eigentlich_ so vom Grundgedanken her sind Pferde sehr widerstands- und anpassungsfähige Tiere.

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          • basquiat
            • 02.10.2005
            • 2843

            #45
            @ Heterosiseffekt:

            Wenn ich mich richtig an meine Tierzuchtvorlesung erinnere, dann besagt er lediglich die "Abweichung eines Merkmals vom Elternmittel". Und zwar in BEIDE Richtungen! Erwünscht ist natürlich die Verstärkung der positiven Eigenschaft, daher geht's immer um diese.

            Beispiel: Vater meiner Stute (XX): 1,63 cm Stm. Mutter (WB): 1,65 cm Stm.
            Tochter (= Halbblüter): 1,69 cm

            LG Liesl
            Gestüt Pferdeschule Riegersburg

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            • max-und-moritz
              • 04.06.2006
              • 3441

              #46
              Zitat von basquiat Beitrag anzeigen
              @ Heterosiseffekt:

              Erwünscht ist natürlich die Verstärkung der positiven Eigenschaft, daher geht's immer um diese.
              ...klar geht´s um diese (positive Eigenschaft) - die andere kriegst aber dazu! Mal mehr und mal weniger und oft sogar sehr viel mehr.

              Ich vergleich den Menschen nicht gern mit dem Tier - aber wenn man mit Inzucht ohne eine nennenswerte Versagerquote sooo geniale Nachkommen in die Welt setzen könnte wäre es nicht verboten. Und schon gar kein Tabu.

              Fällt mir noch was ein zu den Kleintieren, bei denen Inzucht ja angeblich alltäglich ist: vor vielen Jahren hatten wir Hasen. Die (bei uns ungewollten) Inzucht-Würfe waren auf den ersten Blick an ihren Rotzaugen und der sonstigen schlechten Gesundheit schnell zu erkennen.

              Viele Grüße, max-und-moritz
              Wer neue Wege scheut, muß alte Übel dulden.

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              • #47
                Naja, Springnachwuchs sprach ja nicht über planloses sich-untereinander-vermehren-lassen sondern über enge Inzucht als gezielt und dosiert eingesetztes Zuchtinstrument. Nichts destrotrotz überwiegen für mich die Risiken bei weitem die Nachteile. Drum bin ich auch ganz froh, dass die Technik in der Pferdezucht nicht sehr verbreitet ist.

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                • #48
                  Ich sehe das vor dem Hintergrund des vorhandenen Genpools. Der ist beim gemeinen deutschen Reitpferd (gilt sinngemäß natürlich auch für alle anderen Rassen) ohnehin nicht mehr so besonders groß. Da braucht man dann sowas wie Inzestanpaarungen nun weiß Gott nicht mehr, sondern handelt sich damit mehr Nach- als Vorteile ein.

                  Hat man als Steinzeitmensch allerdings gerade ein paar Fohlen gefangen, indem man die Mütter erlegt hat, kann man mit der Anpaarung der umgänglichsten unter ihnen (und auch die umgänglichsten Przewalskifohlen dürften die allermeisten heutigen Pferdeleute noch um Längen überfordern... das wird mit Tarpanen und anderen damaligen Wildpferden nicht anders gewesen sein) sicher durchschlagende Effekte bzgl. Handlebarkeit erzielen. Und da isses dann auch erst mal total egal, ob die eng miteinander verwandt sind - eine enge Verwandtschaft kann hier sogar förderlich sein, wenn man Wildpferdeverhalten wegzüchten möchte. Der Vor- überwiegt den Nachteil. Zumal, wenn man die erhaltenen einigermaßen freundlichen Zuchtprodukte dann mit irgendwelchen in den Folgejahren eingefangenen Fohlen verpaart, die ja wieder 'frische' Gene mitbringen.

                  Hauspferde sind ziemliche Deppen und sehr empfindliche Prinzeßchen auf der Erbse im Vergleich zu ihren wilden Ahnen. Das bringt Domestikation einfach mit sich (beim Hund ist es noch viel eindrücklicher zu sehen...). Und man muß es ja nicht noch schlimmer machen als es schon ist.

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                  • #49
                    *kicher* Ich stelle mir gerade einen 3j-Tarpan beim BC vor. Knacks - oh, das war der Sperriemen.

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                    • #50
                      *grins* Wäre immerhin mal 'ne Abwechslung...
                      [totalOfftopic] Ich würde ja gerne mal diversen hochkarätigen Ausbildern und Gurus jeweils ein Przewalski hinstellen und gucken, was die damit so anfangen Wobei die Przewalskis heute ja auch schon nicht mehr sind, was sie mal waren.[/totalOfftopic]

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