Mit welchen Stuten darf man züchten????

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  • Furioso-Fan
    • 12.08.2004
    • 10940

    #41
    Bei der Diskussion fehlt mir die regionale, sprich die heimatgebundene Perspektive.
    Einen Rimini-Artwig kennt vermutlich außerhalb Westfalens kein Mensch, in der Region aber schon eher und man wird da vielleicht auch eher einen Käufer finden.
    Wenn ich z.B. in meinem Heimatländle in einer Region zwei Namen in die Runde werfe - das jetzt nur mal als Beispiel - nämlich Amalfi und Tango, dann haben beide in dieser Region einen untadeligen Ruf und ist zumindest bei der mittleren und älteren Generation sofort ein Bild da. Auch ein Bild der Leistungsvererbung - Amalfi von für "jede Unterhose bis oben hin", Tango ein Dreifachvererber bis oben hin und konstant in Verebung von leistungsbereitschaft und Gesundheit.
    Wie sieht es mit solchen Faktoren heute aus, und machen solche Stämme, die vielleicht nicht so bekannt sind national, nicht auch das "Darf" aus?

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    • Paradox4life
      • 01.09.2008
      • 2455

      #42
      Vorsicht, könnte lang werden...

      Zur Ausgangsfrage:
      MIT ALLEN, die rein körperlich in der Lage sind ein Fohlen austragen zu können.

      Diese Aussage wird nicht allen schmecken, doch letztendlich ist es so.

      Zucht ist frei formuliert definiert als die Gezielte Paarung zweier Individuen innerhalb einer Population. Dementsprechend ist jeder dem bei der Belegung seiner Stute auch nur ein winzigkleiner Gedanke im Kopf herumschwirrt auch ein Züchter. Und somit kann ich auch mit jeder Stute züchten, solange ich damit ein Ziel verfolge.
      Die Frage ist doch: Welches Ziel hat die Zucht?
      1.Züchte ich für die hier viel zitierte Premiumklasse, den großen Sport, will ich meine Produkte mal im Fernsehen bewundern unter Beerbaum, Werth, Ward, Gal etc.?

      2. Züchte ich für die große Bühne der Zucht, will ich meine Jungs in Vechta, Verden, Handorf, Redefin etc. im Prämienring steppen sehen, sollen meine Mädels in Rastede, Handorf, Wickrath, wo auch immer ganz vorne laufen und ihrerseits wieder Jungs und Mädels produzieren, meine Produkte auf den Reitpferdeauktionen dieser Nation die ganz großen Standing Ovations und Gebote abholen?

      3. Züchte ich für den Abverkauf als Fohlen, möchte ich die kleinen Wutze für möglichst viel Geld ab Hof, über Verkaufstage oder im Großen Rampenlicht der Auktionen bis zum Absetzen veräußern?

      4. Züchte ich für den breiten Markt, der abertausenden Hobyreiter, für das große Marktsegment der E- bis M- Reiter, möchte ich mich daran erfreuen, das jede Unterhose mit meinen Produkten losschüsseln kann und über lange Jahre viele Ranglistenpunkte sammeln, und mit deren Besitzern ich mich immer wieder auf ein Käffchen treffe?

      5. Züchte ich, weil ich mir einen Nachfolger meines Sportpferdes, zufällig Stute, wünsche, eine kleine Kopie meiner besten Partnerin, die mir sehr wichtig ist, etwas, das von ihr bleibt?

      6. Züchte ich, weil meine Stute platt ist, oder unreitbar, und ich sie doch ungerne in den Himmel schicken möchte, ich möchte, dass sie eine Aufgabe hat, sie schließlich und endlich doch zu etwas gut ist, mit der Hoffnung, das der Offspring besser hält, mitmacht?

      7. Züchte ich, weil ich einfach auch mal selber ein Fohlen will, und nicht immer nur zusehen muss wie alle anderen diese putzigen Geschöpfe Gottes betüddeln, erziehen und haben?

      Natürlich sind auch Kombinationen der genannten Gründe denkbar, manchmal werden aus den Gründen 4 bis 7 die Erfolge von 1 bis drei, manchmal auch umgekehrt, aber ich denke im Kern lässt es auf diese reduzieren.
      Habe ich mein Ziel definiert, muss ich die passenden Elterntiere dazu suchen:

      1. Sportler, Sportler und nochmals Sportler, mit Sportlern im Stamm seit anno tuck. Mistegal ob schön oder häßlich, modern oder out, der Stamm von Hengst und Stute incl. beider selbst muss funktioniert haben bei dem was er soll. Über den Latten oder im Sandkasten sind Talent, Leistung, Willen und Langlebigkeit gefragt, bei den Springern einfacher als bei den Dressurern, der Heritabilität geschuldet. Dann eine geschickte Anpaarung und der Rest ist Glückssache.

      2.Das was der Markt uns vorschreibt. Natürlich auch ein abgesicherter Stamm und eine ordentliche Anpaarung, aber das Zuchtziel ist das was gesehen werden will. Wollen die Leute schön schwarz strampeln sehen, greifen wir zu schönen schwearzen Strampeltieren, will man Fuchsbunt kariert mit lila Streifen, versuchen wir auch das. Da ist der Züchter ein wenig die H*re des Marktes, aber was solls, wir sind Dienstleister, der Kunde kriegt das was er will, was nicht ausdrücklich gefordert wird, fällt dann auch mal hinten runter.

      3. Eigentlich wie 2., nur dass ich zusätzlich darauf achte, dass die Linien sich grundsätzlich auch als Fohlen gut zeigen und nicht erst mit 3 zu ihrer vollen Blüte kommen. Und modern müssen sie sein, jung, hipp, langbeinig wie die Kandidaten diverser Modelcastingshows, nur das Euter darf kleiner 8)

      4. Charakter, Langlebigkeit, Gesundheit und Leidensfähigkeit, das sind die Attribute , auf die ich hier schaue. Denn mal ehrlich, über L im Stangenwald und auch im Viereck kommt heutzutage jeder Warmblüter, der noch alle vier Beine hat. Elterntiere die man für 1,2 und 3 nutzt sind hier oft zu heiß, elektrisch, und spezialisiert, für Lieschen Otto-Normal Müller nicht zu bedienen. Hier sind auch keine Namen wichtig, der Käufer ist häufig eh nicht bewandert genug, manche Linien werden in solchen Breitengraden gar verteufelt, die in 1, 2 oder 3 regelrechte Hypes auslösen.

      5. Die Stute habe ich, der Hengst muss eigentlich sein wie sie, nur noch ein bisschen optimaler, in Hinblick auf Gang, Sprung, Größe, Typ, oder was ich noch zu meinem Seelenheil benötige.

      6. Ähnlich wie 5, dazu kommt natürlich Gesundheit und Rittigkeit sowie ein guter Charakter.

      7. Vollkommen Wurst, die Stute die ich putzig finde mit dem Hengst der so lieb aus der Boxe schaut reicht aus, vielleicht will ich einen Don Toti Hit oder Cornet Cassini oder was nicht noch, ich such mir aus was ich will, hauptsache es ist ein Baby und es ist meins.


      Die Frage, die sich jeder dieser Züchter allerdings stellen sollte ist: wie viel möchte ich investieren?
      Damit meine ich nicht die Decktaxe, die bei so manchem verdienten Vatertier in unglaubliche Sphären schießen kann und auch nicht den Kaufpreis der Mutterstute, der je nach KAtegorie 1 bis 7 vom Schlechtpreis bis zum Mittelklassewagen tendiert, sondern den Deckungsbeitrag, den mein Spaß mir bringt.
      Bei einem durchschnittlichen Deckungsbeitrag von - 1000 € je Pferd muss ich mir die Frage stellen, wie viel ist mir mein Spass wert? Und die Bereitschaft für sein Hobby Geld auszugeben steigt proportional zu Kategorie von 1 bis 7 an, jedoch nur langfristig betrachtet. Kurzfristig gesehen nehmen Kategorie 1 bis 3 Züchter mehr Geld in die Hand, bekommen aber auch mehr bzw. früher wieder heraus.

      Allen Kategorien gemeinsam ist ein entscheidender Punkt: Wer vermarkten will, muss wissen wie und er braucht Vitamin B, Kontakte, Connections, oder er muss sich an die passenden(professionellen) Leute wenden.

      Züchter von 1. nützt der abartigste Springer nichts, wenn Hänschen Müller ihn kauft, und Züchter von 4. bringt es nichts mit Beerbaum und Werth per du zu sein, ihre Produkte werden auf diesem Wege keine Abnehmer finden.

      Also, entweder die Zielöe wechseln, die Vermarktung anpassen oder zum Ziel und zur Vermarktung passende Elterntiere wählen... klingt einfach, ist es aber nicht, ich bin das beste Beispiel, ich bin ein Cross-Over aus 1 bis 7, schicke meinen Pferden munter Geld mit auf die Reise und freue mich, dass ich lerne, denn es macht mir einfach nur Spaß.
      Leben tue ich derzeit davon, dass auch jemand anders sich meinert Passion verschrieben hat, und das finde ich noch toller, Pferde, Pferde und Pferde, tageintagaus, aber noch ist es genau das, was ich möchte, auch wenn sie mir die Haare vom Kopf fressen (wobei dich das bei meiner Frisur nicht lohnt )
      Zuletzt geändert von Paradox4life; 13.01.2012, 16:08.
      www.schulze-lefert-pfer.de

      Kommentar

      • cps5
        • 07.07.2009
        • 1586

        #43
        Stimmt FF, regional sieht das anders aus. Den anderen muss das erst einmal vorgestellt werden, und das kann man erreichen. Zwar wird der Käufer dann im Prinzip noch nicht so viel mehr mit dem Namen des Hengstes anfangen können. Aber eine genaue Beleuchtung der Abstammung bringt auch auf verkaufspsychologischer Basis einiges mit. Diejenige Klientel, die bereit ist, sich höherpreisige Pferde zu leisten, aber selbst keine eigenen Wurzeln in dieser Branche hat, hat normalweise einen bürgerlichen Job inne, bei dem sie es gewohnt ist, dass Kreti und Pleti ihr alles Mögliche verkaufen wollen. Durch eine zusätzliche Information über die "Familie des zu verkaufenden Pferdes" bringst du zu deinen Gunsten Folgendes zum Ausdruck:

        1. Du weißt, was du hast (Stute und was sie vererbt)
        2. Du weißt, was du tust (gelungene Anpaarung an einen passenden Hengst)
        3. Du weißt, was gebraucht wird (gesundes Pferd durch gesunde Aufzucht)
        4. Du nimmst den Käufer Ernst (indem du ihm erklärst, wie durch deine Entscheidung ein Fohlen aus dieser Stute mit diesem Hengst zu züchten, ein guter Nachwuchs zustande kam, und was von diesem für den Käufer bei sachgerechter Haltung zu erwarten ist).

        Die kaufwilligen Reiter werden doch heute totgeschlagen mit den olympiareifen Tritten und dem Vermögen, das die Pferde über Häuser springen lässt. Selbst wenn das Pferd sandschiebend durch das Viereck schlurft oder schon bei der Hundehütte für den Chihuahua abbremst.

        Wenn die Stute dann auch noch bereits beachtliche Nachkommen gebracht hat, darf sie nicht nur in die Zucht, sondern sollte da rein. Damit man dabei nicht verhungert, muss man etwaige "Bildungslücken" beim Kunden am besten gleich schließen.

        Kommentar

        • cps5
          • 07.07.2009
          • 1586

          #44
          @Paradox4life

          Herrlich!

          Leben tue ich derzeit davon, dass auch jemand anders sich meinert Passion verschrieben hat, und das finde ich noch toller, Pferde, Pferde und Pferde, tageintagaus, aber noch ist es genau das, was ich möchte, auch wenn sie mir die Haare vom Kopf fressen (wobei dich das bei meiner Frisur nicht lohnt )
          Du willst also die Friseur-Kosten sparen und dich lieber über Pferde unterhalten, als darüber zu spekulieren, wer in den nächsten Dschungel-Camp einzieht oder wer gestern wieder mit der Tochter von xyz zu sehen war? Das wär doch auch kürzer gegangen!
          Zuletzt geändert von cps5; 13.01.2012, 13:40.

          Kommentar

          • Paradox4life
            • 01.09.2008
            • 2455

            #45
            Zitat von cps5;975986


            Du willst also die Friseur-Kosten sparen und dich lieber über Pferde unterhalten, als darüber zu spekulieren, wer in den nächsten Dschungel-Camp einzieht oder wer gestern wieder mit der Tochter von xyz zu sehen war[SIZE=1
            ? Das wär doch auch kürzer gegangen! [/SIZE]
            @cps: Exakt so sehe ich, ääh, siehts aus Vielen Dank für die Übersetzung...
            www.schulze-lefert-pfer.de

            Kommentar

            • Arielle
              • 23.08.2010
              • 2838

              #46
              @Paradox4life: S u p e r der Beitrag 42!!!!!

              Wäre schön mehr solcher Beiträge lesen zu dürfen. Aber was will man Anderes erwarten als Geistreichtum und Humor ..........bei der webadresse und dem nickname? Gut zu wissen, dass abgefressene Haare nachwachsen!
              http://www.zuechtergewerkschaft.com/

              Kommentar

              • Titania
                • 22.04.2006
                • 4361

                #47
                @Paradox4life
                Wenn man aus den Gründen 4. bis 7. Deiner Aufzählung züchtet, sollte man es schnellstmöglich sein lassen, falls man das Fohlen doch einmal veräußern möchte.
                Es sei denn, man will anderen Leuten (Fremde, mit denen man nicht langjährig freundschaftlich verbunden ist - was dies eventuell noch rechtfertigen würde) für sein hart verdientes Geld gute gesunde Pferde sponsern...
                "Quickmarie" (Quicksilber/Pamino ShA) im Alter von 2 Jahren

                www.gestuet-reichshof.de

                Kommentar

                • Paradox4life
                  • 01.09.2008
                  • 2455

                  #48
                  Zitat von Titania Beitrag anzeigen
                  @Paradox4life
                  Wenn man aus den Gründen 4. bis 7. Deiner Aufzählung züchtet, sollte man es schnellstmöglich sein lassen, falls man das Fohlen doch einmal veräußern möchte.
                  Es sei denn, man will anderen Leuten (Fremde, mit denen man nicht langjährig freundschaftlich verbunden ist - was dies eventuell noch rechtfertigen würde) für sein hart verdientes Geld gute gesunde Pferde sponsern...
                  @titania, das ist deine Meinung.
                  Es gibt Leute, die mit Grund Nr. 4 sehr gut leben und auch davon leben können. Die vermarkten einen tick besser als die anderen, fühlen sich damit aber absolut gut. Vgl. hier Artikel über die diesjährige Siegerstute aus Ms-Handorf und ihre Zuchtstätte Schulze Finkenbrink.
                  Der Witz an der ganzen Geshcichte ist ja auch, dass Kategorie 5 - 7 häufig noch das Gefühl haben gespart zu haben und nicht Verlust zu machen. Auch wenn sie einen dreijährigen für 3000 an die Sonne ziehen lassen. Das ist übrigens ein Volkswirtschaftliches Phänomen und nicht auf den Pferdebereich begrenzt. Was man Monat für Monat in die Tiere steckt tut nicht so weh wie ein großer Batzen Kaufpreis, das ersteres im Endeffekt teurer ist, ist vollkommen egal. Und wen es glücklich macht? WWho cares, diese Züchter tuen den Kategorien 1 bis 3 nicht weh, da wird eine vollkommen verschiedene Klientel bedient.
                  www.schulze-lefert-pfer.de

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