Was sagt die abstammung über mein Pferd

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  • Hexe6565
    • 24.12.2019
    • 6

    Was sagt die abstammung über mein Pferd

    Was kann man den aus der abstammung raus lesen?
    was denkt ihr wir ist das Pferd und wo liegen die Schwächen?
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  • cps5
    • 07.07.2009
    • 1607

    #2
    Interessante Frage bei einer 16-jährigen Stute. Eigentlich auch nicht mehr mein Spezialgebiet, aber noch in einem Bereich, als ich mich auch noch etwas stärker mit der Hannoveraner Zucht beschäftigt hatte, also lehne ich mich jetzt einfach mal etwas aus dem Fenster.

    Die Mutterlinie ist stark geprägt von dem 1888 geborenen Fuchs Alnok (v. Adeptus xx) und seinem besten im Jahr 1909 geborenen Sohn Alderman I. Alnok war ein überaus moderner Hengst, der über seinen Vollblutvater Adeptus xx sowie über seine Mecklenburger Mutterseite, die das ebenfalls vollblutgeprägte Dreigespann Norfolk - Zernebog - Jellachich führte, und damit an Reitpferdepoints und Geist das mitbrachte, was vielen Hannoveraner Stämmen, die dem Schlag des Landwirtschaftspferdes entsprachen, damals noch abging. Ebenfalls modern war in ähnlicher Weise die Detektiv-Linie, der auch Donnerhall entstammt. Folglich wurden diese beiden Linien des Detektiv und des Alnok von Züchtern mit entsprechendem Zuchtziel immer wieder miteinander verpaart. So war es auch hier bis zur 3. Mutter Edwina. Dazu wurde immer wieder auf die Zuführung von Vollblut geachtet (Edwinas Vater Endflug war ein Halbblüter und ihr Partner Adorno ebenfalls).

    Hier unterbreche ich mal kurz in der Pedigree-Betrachtung, um etwas über die Reiteigenschaften der damaligen A-Linie (die nach dem Einstellen von Abglanz zur Vermeidung von Verwechslungen in die E-Linie überging) zu sagen. Entsprechend ihrem modernen und schicken Exterieur schienen sich die Pferde für die Dressur sehr anzubieten. Sie hatten unzweifelhaft auch die nötigen Grundgangarten und die Intelligenz für das Lernen der Lektionen hierzu. Aber wie vielen hoch im Blut stehenden Pferden schien ihnen der im Laufe der Zeit immer einseitiger werdende Trainingsablauf im Leben eines Dressurpferdes nicht so recht entgegenzukommen. Zu beobachten war häufig, dass diese Pferde die Nase in die Senkrechte steckten und die Beine ordentlich mit Schwung warfen, aber dabei weitgehend ohne Rücken gingen. Gerne wurde dann die Leistungsbereitschaft dieser Pferde in Abrede oder zumindest in Frage gestellt. Angesichts der Tatsache, dass diese Leistungsbereitschaft im Springen (zunächst über Kinder des Agram, später über Kinder des Eiger I sowie dessen Sohn Espri) sehr häufig bis S reichte, scheint mir dies aber allzu oberflächlich zu sein.

    Zurück zu Edwina und ihrer Anpaarung an den Halbblüter Adorno (v. Adlerschild xx), aus der die Stute Adria und damit die 2. Mutter von Amiga Hit II fiel. Auch hier ging der Faden der Wechselwirkung von Detektiv und Alnok weiter, denn Adornos Mutter weist genau diese Abstammung auf. Erst in der nächsten Generation durch Anpaarung der Adria an den Ramiro-Sohn Rio Negro (selbst bis S-Dressur erfolgreich) hatte dies ein Ende.

    Auch Rio Negro führt wieder viel Vollblut. Über den Vater Ramiro geht er auf Ramzes x zurück. Seine Mutter ist eine Halbblut-Stute von dem ebenfalls von Willi Schultheiß nach seiner Rennkarriere bis zur Klasse S geförderten Vollblüters Pernod xx. Weiter geht es mit dem ostpreußischen Halbblüter Zew und altem hannoverschen Blut, das auch in die westfälische Zucht gelangte (Flirt - Kirkland - Julius Caesar).

    Die Verbindung des Rio Negro mit der Adrian brachte dann die Amiga Hits Mutter Aida, die an Diamond Hit angepaart wurde.

    Damit sind wir wieder bei der Verbindung der D-Linie an die A- bzw. E-Linie, die in der jüngeren Vergangenheit eigentlich nicht mehr stattfand, da Letztere immer stärker in den Verruf geraten war, Leistung eher zu verhindern (siehe oben). Tatsächlich zeigte sich - vor allem für die zur Zucht genutzten Mitglieder dieser Linie -, dass viele Springpferdezüchter ihr nicht trauten, weil sie angeblich keine Springpferdevererber waren (obwohl sehr viele von Ihnen über die Jahrzehnte den Weg in die S-Parcours geschafft hatten). Auf der anderen Seite gab es die Probleme für die Dressurreiter mit dem festgehaltenen Rücken, der dann den Weg in die höheren Regionen versperrte.

    Die Idee, jetzt bei der Züchtung eines Dressurpferdes den Einfluss der D-Linie zu verstärken, ist sicher richtig gewesen. Bei der Auswahl von Diamond Hit, so gut der Hengst als Reitpferd und Vererber auch ist, könnte sich bei dieser konkreten Stute Aida aber als nicht ganz unproblematisch herausstellen. Denn über seine Mutter Loretta, und zwar sowohl über deren Vater- als auch Mutterseite, wird Aida wieder der ungeliebten A-Linie zugeführt, die das Einstellungsproblem dieser Pferde zur täglichen Dressurarbeit mit sich bringt, wenn der Reiter dem nicht entgegenwirkt. Im Nachhinein wäre Diamond Hits Vater Don Schufro vielleicht sogar der Geeignetere gewesen, wenn es darum geht dem Nachkommen von Aida auch die interieurmäßigen Voraussetzungen für höchste Dressuransprüche mitzugeben (so wie er es bei Loretta im Fall seines Sohnes Diamond Hit geschafft hat).

    Zusammenfassend spekuliere ich also, dass Amiga Hit II alle Voraussetzungen hatte, um ein wirklich gutes Dressurpferd zu werden. Ob sie auf A-Ebene stehengeblieben ist, weil nicht mehr verlangt wurde oder weil sie sich in irgendeiner Weise als zu kompliziert herausgestellt hat, weiß ich natürlich nicht. Fest steht, dass durch ihre hohe Intelligenz, die sie wegen des immer wieder zugeführten Vollbluts ganz sicher haben wird, auch etwas gefordert sein will. Bei einem Pferd heißt dies möglichst abwechslungsreiche Arbeit. Bei starrem Stundenplan mit täglichem Lektionen-Pauken wird sich unweigerlich Frustration einstellen. Die muss dann nicht einmal offen gezeigt werden. Das Pferd macht mit, aber eben nicht mit vollem Einsatz, zum Beispiel durch mangelnde Rückentätigkeit. Das Gute an diesem Typ Pferd ist, dass man ohne Bedenken mal tagelange Pausen in der eigentlichen Arbeit an den Lektionen machen und durch Ausritte, Springgymnastik (auch gut für die Rückentätigkeit) u. a. einlegen kann. Sie lernen schnell und behalten einmal Gelerntes auch gut.

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    • Pferdi
      Pferdi kommentierte
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      @cps: Dürfte ich auch um Deine Einschätzung bitten? Wäre toll :-)))

    • cps5
      cps5 kommentierte
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      Versuche ich auch am Wochenende hinzubekommen.

    • Pferdi
      Pferdi kommentierte
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      Toll! Vielen Dank schonmal vorab!
  • cps5
    • 07.07.2009
    • 1607

    #3
    @Carley: Ich denke, da kriege ich tatsächlich etwas hin, obwohl ich bei den Holsteinern bisher nur sehr am Rande unterwegs war. Daher mache ich das dann auch tatsächlich lieber privat. Gib mir bis zum Wochenende Zeit.

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    • Carley
      Carley kommentierte
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      Vielen herzlichen Dank Habe gestern über Horsetelex etwas gestöbert und festgestellt, dass Dakar von Cardento (VDL Hengste) aus meinem Stamm kommt!
      Zuletzt geändert von Carley; 22.01.2020, 08:53.

    • Carley
      Carley kommentierte
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      cps5 Danke für deine Email. Ich werde dir noch eine ausführliche Antwort schicken. Aber es war sehr aufschlussreich und du hast sie gut getroffen!

    • cps5
      cps5 kommentierte
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      Fein, freue mich auf deine Nachricht.
  • jerry
    • 28.07.2008
    • 165

    #4
    @cps5: Ich finde das total spannend, darf ich Dich auch nach Deiner Meinung zu meinem Pferd fragen ?



    Wäre ja sogar Dein Spezialgebiet...

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    • cps5
      cps5 kommentierte
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      Ja, da mache ich auch was. Geht zwar theoretisch schneller, braucht aber trotzdem etwas länger, weil mir dazu mehr einfällt (Spezialgebiet halt).

    • jerry
      jerry kommentierte
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      Super, vielen Dank :-)!
  • Firebird
    • 07.02.2014
    • 89

    #5
    Spannend... Mir gehörte die Halbschwester dieser Stute (v. Riccione). Leider alles andere als einfach, sobald man etwas von ihr wollte. Allerdings glaube ich, dass das nicht an dem Pferd an sich, sondern eher an ihrer Vorgeschichte lag.

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    • cps5
      • 07.07.2009
      • 1607

      #6
      Hallo Jerry,

      Distelwind entstammt dem schmalen, aber durchaus leistungsstarken Stamm der Dunkelfuchsstute Dolly. Die Abstammung dieser Stute ist unbekannt. Sie hatte einen Posener Hauptstutbuchbrand und wurde wegen ihrer Qualität zur Blutauffrischung in das Trakehner Stutbuch aufgenommen. Vermutlich handelt es sich um eine Stute, die während Einmarsch der Nazis in Polen in deutschen Besitz gelangte. Dolly war stark blutgeprägt mit überaus trockenen Gelenken und hatte eine harte Konstitution.

      Sie gelangte an den bereits in Ostpreußen bekannten Züchter Georg Heyser, der eine große Zahl von sehr guten Reitpferden gezüchtet hatte. Insbesondere waren es sehr gute Spring- und Jagdpferde. Seine Stute Beate (v. Blanc Bec xx - Nachtwandler AA) ging nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch in S-Springen und wurde 2. in der Pardubitzer Steeplechase. Auch in der Zucht war sie sehr erfolgreich. Über ihre Tochter Beatrix (v. Paradox xx) war sie mütterliche Großmutter von dem letzten Trakehner Körungssieger Humboldt, der u. a. Vater des wertvollen Vererbers Impuls wurde.

      Georg Heyser bevorzugte sichtlich Pferde mit viel Blut und konnte die Vorzüge der Dolly auch ohne Kenntnis der Abstammung gut für züchterische Zwecke nutzen. Herr Heyser paarte Dolly an den für damalige Verhältnisse sehr großen Aquavit (170 cm Stockmaß) an, der bis auf seine Größe eigentlich nicht viel hermachte, aber eine gute Abstammung aufwies. Sein Vater Absinth ging auf die Fuchsherde Trakehnens zurück; er war ein Vollbruder der Abglanz-Mutter Abendluft, vererbte sich aber letztlich bei Weitem nicht so gut wie erhofft. Die Mutterseite von Aquavit geht auf die Gestüte Kallwischken (Failie Scharffetter) , Weedern (Familie v. Zitzewitz) und Lenken (Familie Sperber) zurück. Deren Stutenstämme sind bis heute existent. Während Lenken und Weedern hoch im Blut stehende Pferde züchteten, benötigte die Familie Scharffetter einen kräftigeren Schlag, um die tiefere Scholle zu bearbeiten. Hier wurde der Spagat zwischen der Züchtung eines für schwere landwirtschaftliche Arbeiten geeigneten Pferd und der dem Markt entsprechenden Remonte besonders gut geschafft.

      Aquavit vererbte sich besonders gut mit kleinen, edlen Stuten, denen er mehr Kaliber mitgab, ohne deren Adel in negativer Hinsicht zu beeinflussen. Mit Dolly lieferte er die Stute Dagmar, die später zusammen mit ihrer Mutter in den Beginn der Turnierreiterin Elisabeth Rinn überging. Frau Rinn paarte Dagmar häufig an den von ihr erfolgreich auf Turnieren im Dressursport vorgestellten Dampfroß-Enkel Illing (v. Ilion - Heimfried an). Aus einer dieser Verbindungen fiel die Stute Darling, die von Frau Rinn verkauft wurde.

      Von ihrem neuen Besitzer wurde Darling an den sträflich verkannten Fuchshengst Siegbert angepaart, der selbst ein sehr gutes Reitpferd war. Auf seine Stammstute Sylva geht der S-Dressurhengst Saint Cloud (Karin Rehbein) zurück. Zudem ist St. Cloud der Vater von Latimer und anderer guter Pferde im Dressur- und Vielseitigkeitssport.

      Für die Siegbert-Tochter Dalana (a. d. Darling), die mittlerweile im Besitz des Gestüts Hohenschmark war, wurde Elfenspuk als Partner gewählt. Dieser war selbst ein nützliches Springpferd und vererbte sich vielseitig. Seine Stammstute war die Halbaraberin Elfe (v. Adamas ox), die neben anderen Stuten von Dietrich v. Lenski in den Westen Deutschlands gerettet wurde. Diese Anpaarung dürfte den Adel und die Markanz, die von Distelwinds Stammmutter Dolly in die Zucht gebracht wurde, wieder verstärkt haben. Gleichzeitig ging aber bei der Elfenspuk-Tochter Danella (a. d. Dalana) wieder etwas an Substanz und Größe verloren.
      Das sollte in der nächsten Generation wieder korrigiert werden, indem man Danella an den selbst sehr großen und für die Mitgabe von Größe und Rahmen bekannten DLG-Siegerhengst Matador anpaarte. Bei der Vererbung von Matador stellte sich heraus, dass er ein reiner Stutenmacher war, dessen männliche Nachkommen der Qualität der weiblichen Nachzucht deutlich nachstand. Seine Töchter wurden jedoch zum Teil herausragende Zuchtstuten.

      Bei seiner Tochter Distelfee hatte das mit der Größenvererbung nicht geklappt; eine gute Zuchtstute wurde sie trotzdem. Immerhin lieferte sie mit der Stute Distelgold (v. Arogno) die Mutter des Rittigkeitsvererbers Distelzar (v. Gribaldi). Bereits Matador hat durch seinen Vater Donauwind sehr viel arabisches Blut mitbekommen. Donauwind selbst geht auf die Vollblutaraberstute Dongola ox zurück, die Trakehnen seinerzeit von Marbach zur Verstärkung seiner Araber-Herde angekauft hatte. Donauwinds Vater Pregel wiederum führt über seine Mutter Peraea das Blut des Vollblutarabers Fetysz ox, der ihr Muttervater war. Fetysz ox kam - wie auch Elfes Vater Adamas ox - im Rahmen eines Hengstaustausches zwischen Trakehnen und Janow Podlaski nach Trakehnen. Er ging in den Kriegswirren verloren. Über ihren MMV Cancara führte Peraea zudem den Anglo-Araber Nana Sahib x im Pedigree.

      Bei der Anpaarung der Distelfee an Arogno wurde der arabische Anteil noch verstärkt; denn über seinen Vater Flaneur geht Arogno in direkter Hengstlinie auf Fetysz ox (über Famulus und Maharadscha) zurück. Über Arognos irische Vollblut-Mutter Arcticonius xx sowie über Flaneurs Mutter Flocke, die eine Tochter der Halbblüterin Flora (v. Go Go xx) war, kam verstärkt englisches Vollblut in die Abstammung.

      Bevor Distelfee an Gribaldi angepaart wurde, mit dem sie Distelzar lieferte, erhielt sie 1996 den Schimmel Vespucci zum Partner und fohlte nach ihm mit Distelperle die Mutter von Distelwind. Vespucci ist über seinen Vater Condus ein Enkel des Anglo-Arabers Ramzes x, der sowohl den arabischen als auch den englischen Vollbluteinfluss in der Abstammung verstärkt. Der Mutterstamm von Vespucci geht auf die hochedle Zucht des Gestüts Puspern zurück, das zu den größten und besten Zuchtstätten in Ostpreußen zählte und sogar einen Hengst stellen konnte, der als Hauptbeschäler in Trakehnen eingestellt wurde.

      Mittlerweile dürfte klar sein, dass alle Besitzer der Stuten der Mutterline von Distelwind den hohen Edelblutanteil in den Vordergrund gestellt haben. Das wurde dann konsequent mit der Anpaarung seiner Mutter Distelperle an den polnischen Vollbluthengst Stravinsky xx weitergeführt. Dabei wurde auch hier der Leistungsaspekt nicht aus dem Auge gelassen. Sowohl Mutter und 2. Mutter als auch die 3. Mutter waren auf der Rennbahn siegreich. Seine 4. Mutter war Großmutter einer Siegerin im polnischen Derby. Stravinsky xx selbst lief in Polen 2- bis 4-jährig insgesamt 29mal. Dabei siegte er in sieben Rennen und war 17 weitere Male platziert. Nach der Rennkarriere wurde er als Dressurpferd bis zur Klasse M ausgebildet.

      Von Distelwind, der jetzt auch bereits 17 Jahre alt ist, lässt sich annehmen, dass er neben seinem Einsatz in L-Dressuren auch alles andere anstandslos mitmacht, was man von einem Pferd verlangen kann, solange man nur genug Gefühl für ihn aufbringt. 17 Jahre sind in diesem Fall kein Alter, denn entsprechend seiner für Härte und Langlebigkeit stehenden Abstammung wird er noch einige Zeit halten und auch im Kopf frisch und munter bleiben. Bei allem Temperament wurden ihm zunächst über Illing und später über Arogno (offensichtlich auch über den Vater Stravinsky xx) sehr gute Rittigkeitswerte mitgegeben, so dass er auch ein gutes Lehrpferd abgeben dürfte. Mir gefällt die Abstammung ausgesprochen gut, und ich hoffe, ihr werdet noch viel Spaß miteinander haben.

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      • jerry
        jerry kommentierte
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        Wahnsinn, was Du Dir für eine Mühe gemacht hast! Tausend Dank für diese detaillierten Ausführungen, das ist wahnsinnig interessant :-)!!
        Windi ist tatsächlich ein unglaublich unkompliziertes und liebes Pferd, das immer Spaß gemacht hat und noch macht :-). Er lebt bei mir zuhause im Offenstall und ist auch nach wie vor fit and well ohne irgendwelche Verschleißerscheinungen (trotz deutlicher Verstellung vorne).
        DANKE!!

      • Cocobell
        Cocobell kommentierte
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        Sehr interessant zu lesen, danke für die Ausführungen!
    • Pferdi
      • 02.04.2019
      • 490

      #7
      Und was liest man hier raus? Ich denke der für ein normales WB doch recht hohe Blutanteil kommt über Hohenstein - Caprimond? Ich lerne ja immer noch täglich dazu. Und solche Hintergünde finde ich auch sehr hilfreich um zu wissen, wie man anpaaren sollte. Oder auch eben, was man besser vermeiden sollte im Hinblick auf Stärken und Schwächen ;-)

      Kommentar


      • Oppenheim
        Oppenheim kommentierte
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        Welcher hohe Blutanteil?

      • Pferdi
        Pferdi kommentierte
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        Naja - ich habe viele Stuten angeschaut. Die meisten hat einen Blutanteil von knapp 20-25 % laut horsetelex. Da dachte ich, dass meine 38,09% und 35,94% schon höher sind. Finde auch interessant, wie sich dieser je nach virtueller Anpaarung verändert. Für ein normales WB dachte ich, dass knapp 40% schon hoch sei. Aber ich lasse mich gerne eines Besseren belehren :-)
    • Korney
      • 05.03.2009
      • 3514

      #8
      @hexe: wie ist deine Stute denn nun? Passt die Beschreibung?

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      • Hexe6565
        Hexe6565 kommentierte
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        Ja die Beschreibung passt ganz gut. Weiter wie A ist sie nicht gekommen da sie in die Zucht gegangen ist. ( ist nicht meine Stute aber wird evtl die Mutter meines Fohlen) deswegen auch die Frage.
        Aber Gang hat sie und vom Charakter ist sie auch wie beschrieben.
    • cps5
      • 07.07.2009
      • 1607

      #9
      So, wie versprochen, versuche ich mich jetzt mal an dem Papier von Pegasus Dolce Vita.

      Ich fange hier bei der 6. Mutter Geisha an, die 1961 geboren wurde. Sie basierte, wie die meisten westfälischen Pferde auf Hannoveraner Hengstlinien. Dies mag damit zu tun haben, dass das Landgestüt Celle das älteste Landgestüt in Deutschland war - nicht viel jünger als das Hauptgestüt Trakehnen. Entsprechend kam auch der bei Amiga Hit II ausführlich von mir erwähnte Alnok in die westfälische Zucht, allerdings war er dort in den Pedigrees nicht in einer solchen Dichte zu finden wie bei den Hannoveranern. Abgesehen von den Vorfahren dieses Hengstes über Vater Adeptus xx und das blutgeprägte Mecklenburger Trio Norfolk - Zernebog - Jellachich war die Abstammung bis dahin relativ blutleer.

      Geisha wurde an Romulus I angepaart, der in direkter männlicher Linie auf den für die westfälische Zucht so wichtigen Anglo-Araber Ramzes x zurückgeht. Auf seiner Mutterseite führte er etwas Trakehner Blut und auch englisches Vollblut (auch über Adeptus xx und das erwähnte Mecklenburger Trio).

      Das Gesamtbild der 5. Mutter Roxi (v. Romulus I a. d. Geisha) dürfte durch den Einfluss des Alnok und dessen Vorfahren jetzt schon sehr deutlich in Richtung modernes Reitpferd gehen. Mit ihrer Anpaarung an Perlkönig I wird der Vollbluteinfluss sehr verstärkt. Perlkönig selbst ist ein Ur-Enkel des Pluchino xx, der der erste Vollblüter war, der in Westfalen deutliche Spuren hinterlassen hat, wenn man von Ramzes x absieht. Perlkönigs Vater Pilatus machte harte, leistungsfähige Pferde, aber eher im Springen (auch der westfälische Jahrhundert-Vererber Pilot geht auf Pluchino xx zurück). Dasselbe gilt für den anderen Blutlieferanten in Perlkönigs Abstammung, den Trakehner Lateran, der über seine Mutter Latona ein Enkel des in Trakehnen stationierten Vollblutarabers Fetysz ox war. Der beste Nachkomme von Perlkönig war dann auch mit Prinz Gaylord ein S-Springpferd, dessen Mutterseite mit Gotthard und Papayer xx sowie der Hannoveraner F-Linie eine Abstammung aufweist, die eher springorientiert war.

      In der folgenden Generation wurde dieser Aspekt der Springorientierung noch verstärkt. Dolce Vitas 4. Mutter Piroschka (v. Perlkönig I a. d. Roxi) wurde an Parademarsch I angepaart, und jetzt wird es richtig spannend. Parademarsch I und sein ein Jahr jüngerer Vollbruder Parademarsch II sind Söhne des Springpferdevererbers Paradox I, der für die Lieferung harter, leistungsfähiger Pferde bekannt war, deren Temperament ihre Reiter mitunter vor Probleme stellte. Paradox I und der nicht ganz so leistungsstarke, vom Temperament her aber nicht so anspruchsvolle Vollbruder Paradox II sind Söhne des Vollbluters Papayer xx. Ihre Mutter Arnika entstammt der in Hannover so häufig vorgenommenen Anpaarung der Alnok-Linie an die Detektiv-Linie. Interessant ist die Mutter Dahlie des Parademarsch. Sie ist eine Tochter des bis zur S-Dressur ausgebildeten Damhirsch, einem Duellant-Enkel über Duft I. Duft I war derjenige Hengst der D-Linie, der die meisten Springpferde hervorbrachte, was auch daran lag, weil seine Kinder für die Dressur zwar vom Exterieur her sehr geeignet waren, vom Interieur her jedoch eher nicht. Auch hier stand ein energisches Temperament mit einem größeren Arbeitswillen als es die Dressur erfordert, im Weg. Ähnlich wie bei Paradox I und II verhielt es sich auch bei Duft I und II. Der ältere brachte die Leistung, aber auch ein nicht einfaches Temperament mit sich. Der jüngere machte zwar die amateurtauglicheren Pferde, aber der Biss für ganz oben fehlte. Höchstleistungen (egal bei welcher Art von Tätigkeit) lassen sich nun einmal nicht im Relax-Modus erzielen. Manche Reiter vergessen dies, wenn ihr Pferd sich mal wieder zu heftig zeigt. Vom Pferd zu verlangen, dass es wissen soll, worauf es bei einer Präsentation ankommt und sich entsprechend verhält, ist dann tatsächlich zu viel verlangt. Ein ordentlicher Ausritt mit Galoppstrecken und dem einen oder anderen Hindernis würde da Wunder wirken - ein Problem für Ausbildungsställe und Hengststationen, denen bei der Anzahl der zu bereitenden Pferde dann ganz einfach die Zeit ausgeht. Und dann hilft mitunter selbst der gefühlvollste Beritt nichts mehr.

      Bei der Mutter von Parademarsch, der Stute Dahlie (v. Damhirsch), kommt dann als deren Muttervater noch Cyrus hinzu. Dieser ist ein Sohn des Trakehners Cyklon, der nun wirklich in Sachen Leistungsbereitschaft (oder genauer deren Fehlen) keine Zweifel aufkommen ließ. Die sehr schicken und hochintelligenten Cyklon-Nachkommen hatten eine Reihe von Tricks parat, die erfolgreich dazu führten, dass ihre Reiter überall anders ihrer sportlichen Tätigkeit nachgingen als ausgerechnet auf ihren Rücken.

      Eine Weile habe ich überlegt, ob die Anpaarung der Piroschka an Parademarsch aus einem Irrtum heraus erfolgte. Parademarsch I war ein herrlicher Hengst, dessen Exterieur geradezu nach einem Einsatz in der Dressur schrie; und MV Damhirsch war ja schließlich bis S-Dressur ausgebildet. Ich bin von dieser Überlegung aber wieder abgekommen, weil Paradox I an Dahlie angepaart wurde, als er bereits 19 Jahre alt war und zu diesem Zeitpunkt seine Vererbung bereits bestens bekannt war. Diese Vererbung bedeutete hochqualifizierte Springpferde mit sehr viel Temperament und nicht verkannte, für die Dressur temperamentsmäßig wenig geeignete Schönlinge. Somit scheint es sich bei dem Besitzer der Piroschka (und somit dem Züchter der Patrizia v. Parademarsch I a. d. Piroschka) um einen Züchter zu handeln, der sowohl die Eigenschaft der Piroschka als auch diejenigen des Parademarsch sehr gut einschätzte. Der Hengst war bei der Anpaarung 7 Jahre alt, so dass auch schon Nachkommen unterwegs waren, um etwas aus seiner Vererbung herauslesen zu können.

      Ich nehme also an, dass Patrizia als Springstute bzw. für die Züchtung von Springpferden gedacht war - eventuell auch für die Vielseitigkeit. Sie scheint aber verkauft worden zu sein, denn sie erhielt den hessischen Brand und De Niro als Partner. Nun macht De Niro im Hinblick auf Springvermögen nichts kaputt (wie die gesamte Detektiv-Linie), aber natürlich sind er und seine Nachkommen im Dressurlager zu Hause.

      Von allen Donnerhall-Nachkommen ist De Niro möglicherweise derjenige mit dem energischsten bzw. lebhaftesten Temperament. Seine Mutter Alicante geht über ihren Vater Akzent II auf den Trakehner Abglanz zurück. Die fallende Mutterseite hat mit Waidmannsdank xx und Wiesenbaum xx zwei Vollblüter in den vorderen Generationen. Dabei schaffte es De Niro häufig, die hohen Rittigkeitswerte seines Vaters Donnerhall und das vollblutgeprägte Temperament seiner Mutterseite bei der Anpaarung an seine jeweilige Partnerin so perfekt dosiert weiterzugeben, dass viele seiner Nachkommen in der Dressur sehr weit kamen. Dabei half es sicher, dass auf der Vaterseite mit Markus (v. Manolete xx) ein Halbblüter als MV von Donnerhall verantwortlich zeichnet und mit auf der Mutterseite mit Waidmannsdank xx ein Vollblüter zu finden ist, dessen Nachkommen sich im Temperament deutlich zurückhielten. Die beiden Eltern Donnerhall und Alicante glichen sich also genug an, um aus dem gemeinsamen Sohn De Niro das dominante Vererbungsgenie zu machen, als das er sich dann herausstellte.

      Bei aller Klasse von De Niro, insbesondere als Vererber, frage ich mich schon, was die Anpaarung an Patrizia bringen sollte. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder der Besitzer von Patrizia sah die Stute vor allem als biologische Notwendigkeit zur Zucht an und bewertete die Wichtigkeit einer Zuchtstute ähnlich wie die eines Kopiergerätes, das halt erforderlich ist, wenn man eine (möglichst gute) Kopie vom Original (also in dem Fall vom Vater De Niro) zu erhalten. Oder Patrizias Vater Parademarsch zeigte sich als enttäuschender Vererber, der nicht so vererbte, wie man sich das vorgestellt hatte. Letzteres ist aber wohl nicht der Fall. Also bleibt für mich vor allem die Möglichkeit, dass man hier mit Gewalt etwas "umpolen" wollte, nämlich einen springbasierten Stamm auf ein Dressurpferd. Die Gründe dürften darin liegen, dass mit dem Verkauf von dressurbetonten Pferden im Alter von 3 und 4 Jahren zu der Zeit bei Weitem das meiste Geld verdient wurde.


      Fortsetzung folgt

      Kommentar

      • cps5
        • 07.07.2009
        • 1607

        #10
        Fortsetzung

        Mit der Anpaarung der Patrizia an De Niro haben wir nun De Nizia An, die Großmutter mütterlicherseits von Dolce Vita. Ihr Partner wurde der in Dressurprüfungen weit geförderte Quarterback. Mit diesem wählte man einen Hengst, der also absolut für die Dressur geeignet war und somit hohe Rittigkeitswerte haben dürfte, dessen Abstammung vor allem auf der väterlichen Seite auch viel Springblut aufweist. Urgroßvater Quattro B konnte beides, war im Springen noch etwas besser. Die Mutter seines Vaters Quarterman I, Räuberbraut, geht väterlicherseits auf Ramzes x zurück (ebenfalls für alle Disziplinen gut) und mütterlicherseits findet man über Judith die Linie die Linie des Senator (springorientiert). Quarterbacks Mutter Passionata hat mit Brandenburger einen Vater, der den springbetonten Wendekreis (v. Ferdinand) zum MV hat. Weiter geht es bei ihr mit Poesie v. Brentano II (v. Bolero) und Quarterbacks 3. Mutter Primadonna, die väterlicherseits auf Gotthard und über die Vaterseite ihrer Mutter wiederum auf Senator zurückgeht, was sich mit Bolero ziemlich "beißt". Da Brentano II über seinen MV Grande zudem auf dasselbe G-Blut zurückgeht wie Gotthard, könnte es sein, dass der sich normalerweise über Generationen haltende Einfluss des Bolero hier an Nachhaltigkeit eingebüßt hat.

        Dolce Vitas Mutter Quantanamera (v. Quarterback a. d. De Nizia An) erhielt mit Daley Thompson nun einen Partner, der schubladenmäßig als Rittigkeitskeule angesehen werden kann. Die Linien des Donnerhall, des Lauries Crusador xx und des Bolero, die die ersten drei Generationen bilden, stehen für Rittigkeit, auch wenn die teilweise temperamentvollen Nachkommen des Vollblüters Lauries Crusador xx sicherlich etwas feiner geritten wollen, als z. B. die Nachkommen eines Bolero, die sehr nachsichtig sind und nur bei grober Behandlung dicht machen (dann allerdings endgültig). Mit Lauries Crusador xx und Bolero hat man nun aber auch zwei Hengste (Letzteren sogar in Linienzucht), mit deren Nachkommen man in springtechnischer Hinsicht gar nichts anfangen kann. Das war bei der Anpaarung wohl auch egal; denn es sollte ein Dressurpferd gezüchtet werden.

        Daley Thompsons Vater Damon Hill ist natürlich allen ein Begriff. Er kam unter Helen Langehanenberg bis zu höchsten Dressurerfolgen. Der Vater seiner zweiten Mutter Romanze ist übrigens Parademarsch I, auf den somit zwar eine Linienzucht vorliegt, die aber zu weit zurückliegt, um für sich allein Bedeutung zu haben. Romanze selbst entstammt der Verbindung des Dressurhengstes Rubinstein I mit dem Vollblüter Angelo xx. Sie ist damit eng verwandt mit Rembrandt, der das beste Dressurpferd seiner Zeit war, aber eben auch nicht sehr einfach. Seine Guckigkeit brachte Nicole Uphoffs Trainer dazu, die Rollkur zu erfinden, die dann eine Zeitlang bei gefühlt jedem Pferd angewendet wurde, das mal in die falsche Richtung schielte.

        Dolce Vita war somit unter allen Umständen als Dressurpferd geplant. Das haben sich jedenfalls die Züchter der vorderen drei Generationen so vorgestellt. Die Voraussetzungen dazu hat sie auch. Es bleibt die Frage, ob sie vom Interieur her gewillt ist, das für ein Pferd doch sehr langweilige Arbeitspensum eines Dressurpferdes in einem Ausbildungsstall mitzumachen. Rein vom Bauchgefühl würde ich es eher verneinen. Sie ist bei einem "Einzelkämpfer", der selbst gut genug reitet, um die Ausbildung in Eigenregie ggf. mit Hilfe eines Trainers, voranzutreiben und die Zeit dafür hat (und sie sich nimmt), um die mit sehr viel Leben und Arbeitswillen ausgestattete Stute abwechslungsreicher zu fördern und sich insgesamt stärker mit ihr zu beschäftigen als dies in einem Ausbildungsstall schon aus zeitlichen Gründen geleistet werden kann (s. oben). Gut genug sollte man natürlich reiten können, aber das absolute Können, das die Ausbilder solcher Ställe im Idealfall haben, ist gar nicht nötig. Wichtig ist es, sie auf seine Seite zu bekommen, dann macht sie auch für sie nicht so spannende Aufgaben (wie das Absolvieren einer Dressuraufgabe) auch einfach mal, "weil du es bist". Das selbstverständliche und ungezwungene Mitmachen führt dann oft dazu, dass hier oftmals die schönsten Bilder entstehen, angefangen von Selbsthaltung und Seitenbild des Pferdes bis zur Hilfengebung des Reiters, da diese feinfühligen Pferde sofort auf leise Hilfen reagieren - das ist dann die positive Seite der Medaille aus Sicht eines Reiters.

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        • Pferdi
          Pferdi kommentierte
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          Wow - sehr ausführlich!
      • Gewitterhexe
        • 07.02.2017
        • 70

        #11
        cps5
        Wahnsinn, was du dazu sagen kannst!
        Ich würde gerne deine Einschätzung über meine Stute hören.....wenn es dich nicht allzusehr nervt....

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        • cps5
          cps5 kommentierte
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          Was hast du denn für eine Stute? Wenn mir was einfällt, schreibe ich gern etwas zu ihr.
      • cps5
        • 07.07.2009
        • 1607

        #12
        Nun zu Pferdis Quadriga:

        Auch da fange ich bei der 6. Mutter Silbernacht an. Hier fällt auf, dass die Abstammung bemerkenswert wenig Blut der Alnok-Linie führt. Es ist zwar da, aber nicht in dem so starken, eigentlich überstrapazierten, Maß wie bei anderen Hannoveranern. Da die hauptsächlich über Alnok verbreitete Adeptus xx-Linie aber im Grunde zu dieser Zeit der einzige Lieferant von Vollblut in der hannoverschen Zucht war und die Detektiv-Linie bis zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht in der Abstammung zu finden war, wird es Silbernachts Mutter Waldfichte möglicherweise an Modernität und Gangvermögen gemangelt haben.

        Bei der Hengstwahl für Waldfichte wurde auf den Halbblüter Steinbock (v. Steinpilz xx) zurückgegriffen, der dann über seine Mutterseite auch die Alnok-Linie deutlich in den Vordergrund schiebt. Allerdings war Steinpilz xx nicht derjenige Vollblüter, der die Vorzüge dieser Rasse besonders nachhaltig einbrachte. Gute Reitpferde machte er, aber sie blieben ein wenig schlicht. Also wurde in der nächsten Generation nachgebessert, indem Silbernacht an Akrobat angepaart wurde - einem der vielen Abglanz-Söhne dieser Zeit. Das wird möglicherweise eine Typverbesserung mit sich gebracht haben - und über Akrobats Mutter Almspule jetzt erstmals die Kombination der Alnok-Linie mit der Detektiv-Linie.

        Weiter geht es mit der Anpaarung der Akrobat-Tochter Aktie (aus der Silbernacht) an den Vollblüter Shogun xx, der in Hans-Joachim Köhler einen starken Fürsprecher hatte. Zahlreiche Kinder gingen zu guten Verkaufserlösen über die Verdener Auktionen, aber so richtig kamen sie nicht im großen Sport an. Es bleibt nur die Vielseitigkeitsstute Shamrock (Dr. Matthias Baumann) und der Wallach Sir Lenox, der im Stall von Nicole Uphoff Nachfolger von Rembrandt werden sollte. Sir Lenox war zwar bis S-Dressuren siegreich, aber der große Wurf war er trotz aller vorhandenen Voraussetzungen nicht. Ich hatte das Pferd seinerzeit selbst bei der Auktion gesehen und war sehr angetan von ihm. Aber die Shogun xx-Nachkommen hatten ihren eigenen Kopf, wenn es leistungsmäßig ans Eingemachte ging. Shamrock wurde von ihrem Reiter Dr. Baumann zwar liebevoll, aber nicht ganz ohne Grund als Zicke bezeichnet. Sie hatte ihren eigenen Kopf, war auch im Umgang schwierig und dass es bis zur Medaille bei Olympischen Spielen reichte, hatte vor allem seinen Grund darin, dass ihr die Arbeit, die mit der Vielseitigkeit einhergeht, offenbar gefiel. Wenn die Shoguns wollten, machten sie jeden Unsinn mit. Wenn nicht, ging gar nichts.

        Die Anpaarung des Shogun xx an Aktie brachte mit Stinetta die 4. Mutter von Quadriga. Im Laufe der Zeit war man sich der Probleme bei der Leistungsbereitschaft der Shogun xx-Kinder bewusst geworden. Als es im Jahr 1986 darum ging, einen passenden Hengst für Stinetta zu finden, wurde man bei dem zu diesem Zeitpunkt 10-jährigen Wenzel I fündig.

        Dieser Hengst - HLP-Sieger - wurde zunächst mit Inbrunst verehrt und einige Jahre später genauso leidenschaftlich verrissen. Wenzel I zeichnete sich durch eine unglaubliche Veranlagung für Trabverstärkungen aus. Dies grenzt nahezu an ein Wunder, da er über die flachsten Grundgangarten verfügte, die man sich vorstellen kann, und zudem eine kurze und nicht ideal angesetzte Halsung hatte, die die Rahmenerweiterung durch den gesamten Körper praktisch verunmöglichte. Trotzdem schaffte er es nicht nur, einen sehr guten starken Trab hinzulegen, er tat es auf eine Weise, die ihm bei einem Schaubild in Frankreich sogar stehende Ovationen einbrachte.

        Diese Trabverstärkungen waren dann ironischerweise auch sein Niedergang. Zu Recht wurde damals (90er Jahre) von der reitenden Bevölkerung angeprangert, dass das Gestrampel in den Trabverstärkungen bei den Materialprüfungen (heute Reitpferdeprüfungen) zu hoch bewertet wurde und das Gangvermögen nur daran festgemacht wurde. Entsprechend wurden die Pferde vorgestellt. Zu denjenigen, die das am Besten konnten, gehörten die Wenzel-Nachkommen, und zwar gefühlt jeder Einzelne von ihnen.

        Über die Tatsache, dass man mit tollen Trabverstärkungen über Materialprüfungen zu einigem Geld gelangen konnte, vergaßen viele Ausbilder, dass diese Prüfungen erst der Anfang und nicht das Ende der Karriere sein sollten. Dies wirkte sich bei der weiteren Dressurlaufbahn der Wenzel-Nachkommen besonders negativ aus. Denn während die problematische Halsung durch Anpaarung an entsprechende Stuten (vor allem Töchter von Absatz und Shogun xx) meist keine große Rolle spielte, blieb der flache Gang ein Problem. Wenzel geht auf den Linienbegründer Wöhler zurück, der selbst so gute Trabverstärkungen hatte, dass er bei den Hengstparaden als Aktionstraber gezeigt wurde. Seine Kinder waren darüber hinaus sehr rittig. Aber die Wöhler-Linie hatte traditionell Schwierigkeiten mit den Lektionen Piaffe und Passage - mangelnde Tragkraft eben bei größtmöglicher Schubkraft. Dies änderte sich erst mit den World Cup I-Nachkommen Weltmeyer und Warkant.

        Anstatt nun während der Ausbildung an dieser Schwäche, die eigentlich bekannt war, zu arbeiten, wurden des schnellen Erfolgs in den Materialprüfungen wegen die Trabverstärkungen bis zum Erbrechen abgefragt, obwohl diese als eindeutige Stärke kaum Training benötigt hatten. Als es dann oberhalb von L darum ging, Versammlungen höchsten Grades abzufragen, konnten diese Pferde nicht mehr mithalten. Von der Natur war es ihnen nicht gegeben und in der Ausbildung waren ihnen die hierfür notwendigen Voraussetzungen nicht antrainiert worden. Dem einen oder anderen Wenzel-Nachkommen ging dann auch noch der ehemals gute Schritt verloren, da sie bei jeder nahenden Diagonale oder Geraden darauf gefasst waren, die höchstmögliche Trabverstärkung zeigen zu müssen. Sie wurden regelrecht meschugge geritten.

        Da Wenzel mit seiner auf Rittigkeit ausgelegten Vaterseite über Wöhler-Woermann und den MV Matador vom Rittigkeitsvererber Marcio xx sehr kooperativ war und dies seinen Kindern auch mitgab, gaben diese alles, was die Reiter von ihnen verlangten. Es war nicht ihre Schuld, dass dies dann mit ihrem Verriss endete.

        Zurück zur Stute Stinetta und ihrer Anpaarung an Wenzel I, aus der die Stute Wicke fiel. Man war offenbar weiterhin daran interessiert, die Rittigkeit zu festigen. Springen hatte in der Abstammung spätestens seit Steinbock keine maßgebliche Rolle mehr gespielt, und im Zuge der Spezialisierung auf Dressur und Springen wurde der Gedanke an diese Disziplin endgültig über Bord geworfen. Als geeigneten Partner für Wicke sah man den Trakehner Rapphengst Hohenstein an, der sich - wie schon sein Vater Caprimond - dressurmäßig recht weit fördern ließ. Die Hohenstein-Tochter Hillary (a. d. Wicke) dürfte mittlerweile in Sachen Typ und Rittigkeit über jeden Zweifel erhaben sein. Auch die Leistungsbereitschaft ist eher kein Problem. Aber mit den Hengsten Hohenstein, Wenzel I und Shogun xx in der vorderen Generation, die alle drei über eine starke Individualpotenz verfügen, kann man anzweifeln, ob sie die Hinterhand überhaupt noch aus dem Sand bekommt. Die Shogun xx-Kinder hatten zwar grundsätzlich genug Aktivität in der Hinterhand, waren aber eher auf Energieersparnis aus. Wenzel I und Hohenstein zeichneten sich beide durch leichtfüßige Bewegungen aus, denen es an Tragkraft mangelt. Hieran musste als nächstes dringend gearbeitet werden.

        Dies wurde (vermutlich erfolgreich) versucht, indem man als Partner für Hillary den Hengst Danone I auswählte. Dieser hatte mit De Niro als Vater und Weltmeyer als Muttervater zwei Hengste in vorderster Generation, die nicht nur selbst über eine aktive Hinterhandarbeit verfügten, sondern diese Energie in ihrem Bewegungsablauf auch dominant vererbten. Bolero als MMV im Pedigree von Danone festigte darüber hinaus die Rittigkeitswerte.

        So kommen wir jetzt mit der Stute Dekollete zur Mutter von Quadriga. Ihr Vater ist Quantensprung. Nachdem Dekollete von ihrem Vater Danone mit Sicherheit einige Energie in ihren Bewegungsablauf bekommen hat, sollte das durch Quantensprung gefestigt werden. Mit seinem in S-Springen erfolgreichen Großvater Quattro B und dem Holsteiner Mutterstamm dürfte das gelungen sein. Donnerhall als Muttervater festigt die Rittigkeit, und der sehr dominant vererbende Vollblüter Lauries Crusador xx als MMV verhindert, dass das Kaliber zu schwer wird.

        Die Abstammung von Quadriga nachzuvollziehen, war - im Gegensatz zu der von Dolce Vita - ziemlich einfach. Grundsätzlich ist mit den jeweiligen Anpaarungen wohl auch genau das erreicht worden, was vom Züchter beabsichtigt war. Einzige Ausnahme könnte Shogun xx gewesen sein, dessen Vererbung sich im Hinblick auf das Interieur als eher enttäuschend erwiesen hat. Das mag dann bei der Korrektur eine Generation gekostet haben. Wenzel hätte zwar als Hengst niemals so viel decken dürfen, wie er es getan hat. Es gab wirklich deutlich bessere Hengste als ihn. Aber im Nachhinein kann man wohl sagen, dass - zumindest hier - seine Nutzung im Hinblick auf das Interieur durchaus günstig war. Die Wenzel-Nachkommen gaben wirklich immer alles, auch wenn es nicht gut für sie war. Denn sie waren körperlich und seelisch ziemlich schnell ausgelaugt. Das hatte - wie schon geschrieben - seine Ursache nicht in charakterlichen Mängeln, sondern in einer eigentlich bekannten Schwäche der gesamten Hengstlinie, auf die in der Ausbildung eben nicht genug geachtet wurde.

        Quadriga dürfte ein sehr angenehm zu arbeitendes Pferd sein, das sich selbst nicht im Weg steht und gut genug für höhere Dressur-Aufgaben (mindestens M) sein sollte. Ich nehme an, sie steht im großen Rahmen und gehört nicht zu den heute so beliebten Quadrat-Pferden mit kurzem Rücken. Vermutlich wird es die größte reiterliche Herausforderung sein, sie geschlossen zu halten, aber auch das ist Jammern auf höherem Niveau. Diese Stute hat sehr gute Perspektiven für eine Dressurkarriere.

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        • cps5
          cps5 kommentierte
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          Ja, Danone wäre wohl etwas zu eng. Ich denke, wenn du mit den Tipps des Züchters arbeitest, wirst du nichts falsch machen. Er hat ja auch davor seinen roten Faden konsequent verfolgt und genau gewusst, was er tat.

        • Pferdi
          Pferdi kommentierte
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          Besonders interessant finde icn was du über die hinteren Linien schreibst. Dinge, die ich nicht wusste bzw man so nirgends liest. Bei Wenzel gibt es 2 Fraktionen bei den älteren Züchtern. Die einen sagen "der konnte traben". Die anderen sagen "die NK kamen nie im ganz großen Sport an". Wenn man dann die Hintergründe kennt wird einiges klarer. Wie du ja sagtest - die NK konnten sicherlich am wenigsten dafür, dass sie erstmal durch alle Jungepferde Prüfungen dieser Welt "geschrubbt" wurden.
          Zuletzt geändert von Pferdi; 17.02.2020, 09:03.

        • Pferdi
          Pferdi kommentierte
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          Ich nehme an, sie steht im großen Rahmen und gehört nicht zu den heute so beliebten Quadrat-Pferden mit kurzem Rücken. Vermutlich wird es die größte reiterliche Herausforderung sein, sie geschlossen zu halten, aber auch das ist Jammern auf höherem Niveau. Diese Stute hat sehr gute Perspektiven für eine Dressurkarriere.
          Nein, sie ist recht kurz im Rücken und dürfte nicht noch kürzer sein (kommt evtl von Quantensprung vermute ich, da Mutter und Großmutter beide normal lang im Rücken waren). Sie entspricht eher dem "modernen" Dressurpferdetyp, kurzer Rücken, lange Beine. Dafür ist sie von Natur aus sehr geschlossen. Versammlung bietet sie jetzt schon top an und schwingt schön durch. Keinesfalls sollte der Hengst später den Rücken noch weiter verkürzen.....
      • schnuff
        • 09.08.2010
        • 4284

        #13
        @cps, schöne Ausführungen, sehr gut zu lesen und nachzuvollziehen!

        Versuchst du das mal mit meiner Happy Deal WS? Bin gespannt was deine Interpretation zu ihrem Pedigree ist.

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      • Gewitterhexe
        • 07.02.2017
        • 70

        #14


        vielen Dank,cps5, für deine große Mühe! Ich bin sehr gespannt auf deinen Bericht

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        • cps5
          • 07.07.2009
          • 1607

          #15
          Gewitterhexes Doro B:

          Da Doro aus einem Vollblutstamm hervorgegangen ist, fange ich hier entgegen meiner Gewohnheit mal beim Vater Don Frederico an. Da gibt es ja auch Einiges zu sagen.
          Wenn man sich seine 7. Mutter, die 1944 geborene Stute Farnhütte, ansieht, fällt auf, dass sie mit Vater Farina (vom Ostpreußen Fahnenträger, gezogen auf dem für im Vollbluttyp stehende Pferde bekannten Gestüt Weedern), Futurist I (DLG-Sieger und ein überaus schickes, modernes Pferd) sowie Denksport (direkter Sohn des Linienbegründers Detektiv) schon eine sehr stark auf Reitpferd getrimmte Abstammung hatte. Die Anpaarung an den auf Alnok - Alderman I zurückgehenden Astflug lag für eine solche Stute, deren Züchter ja das entsprechende Zuchtziel hatte, nahe. Zwar hat sich im Nachhinein herausgestellt, dass Astflug kein besonders guter Vererber war und man ihn gar nicht mehr so gern im Papier gesehen hat, aber das fällt halt unter die Rubrik, dass man hinterher immer schlauer ist. Aus der Sicht der damaligen Zeit war die Anpaarung Astflug x Farnhütte sinnvoll.

          Die aus dieser Kombination hervorgegangen Stute Astfehde wurde an Duft II angepaart. Der war ein Sohn des hervorragenden Duellant, darüber hinaus ebenfalls überaus modern (DLG-Sieger) und hatte auch auf der Mutterseite mit der damals sehr präsenten G-Linie und dem hocheingeschätzten Flügelmann I eine wertvolle Abstammung. Da Flügelmann I auch Muttervater von Astflug war, lag hier eine Linienzucht vor. Dass die Nachkommen von Duft II nicht den letzten Biss für höchste Dressuraufgaben hatten, war damals zum Einen noch nicht bekannt und zum Zweiten war er immer noch in der Lage, gute Gebrauchspferde und für die Zucht geeignete Stuten zu stellen.

          Nach der Anpaarung an Duft II fohlte Astfehde ihre Tochter Duo. Diese wurde dem Vollblüter Novum xx zugeführt. Bei Novum xx handelte es sich um einen großrahmigen Hengst, der genau das in die Warmblutzucht einbringen konnte, was man sich von einem Vollblüter erwartete. Da man sich ja offensichtlich der Züchtung eines modernen Reitpferdes verschrieben hatte, lag die Entscheidung nahe, den Aspekt der Reitpferdepoints, des Rahmens u. a. wieder aufzufrischen. Novum xx machte zwar nicht ganz einfache Pferde, erledigte diese Aufgabe aber Alles in Allem ganz gut, wenn er denn zum Decken gebracht werden konnte. Er war sehr deckfaul und gab dies leider auch noch seinem besten Sohn Nomade mit, der darüber hinaus noch eine schlechte Sperma-Qualität hatte.

          Mit Duo klappte die Anpaarung, die ebenfalls Sinn ergibt. Aber jetzt fängt es an, ein wenig wild zu werden. Warum um alles in der Welt paart man eine Stute wie Natascha (v. Novum xx a. d. Duo), die den Inbegriff eines modernen Reitpferdes darstellen sollte und dies vermutlich auch tat, an den Hengst Wendekreis an? Natürlich ist das ein sehr guter Lieferant für Springpferde gewesen, aber er hatte mit seinem Vater Ferdinand und dem Muttervater Domspatz zwei mit starker Individualpotenz ausgestattete Springpferde-Vererber in den vorderen Generationen, die für Dressurzwecke eher nicht geeignet waren, und was dahinter kam ist nicht weiter erwähnenswert - war es auch damals nicht.

          Ich kann mir hier bei dieser Anpaarung Natascha x Wendekreis nur folgende Überlegung vorstellen: Im Jahr 1973 wurde der sehr gute und vielseitige Vererber Werther geboren. Er war ein Sohn des Wendekreis, hatte den Vollblüter Marcio xx als Muttervater und seine fallende Mutterlinie führte die allgegenwärtige Kombination der Alnok-Linie mit der Detektiv-Linie. 1979, dem Jahr der Anpaarung der Natasche an Wendekreis, war Werther 6 Jahre alt, und es zeigte sich, dass er durch ein glückliches Zusammenspiel der Eigenschaften seiner Vorfahren alles das von ihnen geerbt, was als positiv anzusehen war. Die kraftvolle Hinterhand überhaupt die plastische Muskulatur) seines Vaters nebst Springvermögen, das moderne Exterieur der Alnok-Detektiv-Kombination und die Rittigkeitswerte vom MV Marcio xx. Das besondere an Werther war zudem, dass er das auch alles so vererbte. Er machte S-Pferde für Dressur und Springen. Allerdings war dann auch in der nächsten Generation Schluss. Keiner seiner vielen Söhne konnte auch nur ansatzweise in seine Fußstapfen treten.

          Die Idee war dann wohl gewesen, einen Werther zu "kopieren". Man hatte den Vater Wendekreis, einen Vollblüter als Muttervater (Novum xx) und die Alnok-Detektiv-Kombination. Dies war aber schon bei Werther ein Vabanque-Spiel, das gut ausging. Zum Nachmachen ist so etwas eher nicht geeignet. Wie die Stute Werona (v. Wendekreis a. d. Natascha von Novum xx) geraten ist, weiß ich nicht. Offensichtlich lagen ihre Fähigkeiten eher im Springen, denn man entschied sich dazu, sie zu Gardeulan I zu bringen, einem der vielen Gotthard-Söhne, die damals hektisch eingestellt wurden. Gotthard wurde erst spät als genialer Springpferde-Vererber erkannt. Da die Zeit knapp wurde und jede Deckstation aus verständlichen Gründen einen Gotthard-Sohn haben wollte, wurden sehr viele Hengste bei der Körung durchgewunken, die schon selbst wenig Qualität hatten und erst recht in ihrer Vererbung nicht befriedigten. Man kann die Wahl von Gardeulan I ein wenig nachvollziehen, wenn man über Gotthard das Springvermögen ausbauen und gleichzeitig den Vollbluteinfluss in der Abstammung hoch halten möchte. Aber Gardeulan I war einer der schwächsten Gotthard-Söhne und sein Muttervater Waidmannsdank xx war von allen in Hannover eingestellten Vollblütern der damalige Zeit derjenige, der den Vollblut-Flair am Wenigsten weitergeben konnte. Er machte allerdings ganz nette Pferde für den Alltag, die sich durch gutes (bisweilen etwas ängstliches) Temperament und hervorragenden Charakter auszeichneten. Gute Lehrpferde, die Anfängern im Springunterricht eine gewisse Sicherheit verschaffen konnten.

          Die Anpaarung der Werona an Gardeulan I hatte mit Gatsby nun vermutlich nicht nur eine Stute gebracht, die als züchterischer Rückschritt angesehen werden muss, man hat sich damit innerhalb kurzer Zeit alles das kaputt gemacht, was über mindestens fünf Pferdegenerationen aufgebaut wurde. Mittlerweile sind wir im Jahr 1985 angelangt, und Gatsby ist die Großmutter von Don Frederico.

          Mit dem Springen kann es bei ihr nicht so weit her gewesen sein, denn man wollte offenbar wieder zurück zum modernen, dressurbetonten Reitpferd. Vollblut sollte auch wieder mit von der Partie sein, und um den gordischen Knoten in der weder besonders qualitätvollen noch einheitlichen Abstammung zu zerschlagen, sollte es wohl vererbungsstarkes Fremdblut sein, dass man am ehesten bei einem Trakehner vermutete. Also wurde für Gatsby der Trakehner Consul (v. Swazi xx) ausgesucht. Das ist dann auch etwas, was ich erst halbwegs nachvollziehen konnte, nachdem ich die Abstammung von hinten aufgerollt habe. Ein Problem war sicher auch, dass in Hannover zu dieser Zeit kein geeigneter Vollblüter zur Verfügung stand. Lauries Crusador xx hätte es sein können, der kam aber ein wenig zu spät.

          Jedenfalls scheint es so, als wäre die Kombinaton Consul x Gatsby (v. Gardeulan I) halbwegs gelungen. Es war immerhin möglich mit der Tochter Cleopatra in der nächsten Generation durch Anpaarung an Donnerhall einen Hengst wie Don Frederico zu ziehen. So ganz furchtbar ist seine Vererbung nun nicht.- schon gar nicht angesichts des vermurksten Mutterstammes in der 3. und 4. Generation.

          Fortsetzung folgt
          Zuletzt geändert von cps5; 16.02.2020, 23:43.

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          • CanCan
            CanCan kommentierte
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            "Warum um alles in der Welt paart man eine Stute wie Natascha (v. Novum xx a. d. Duo), die den Inbegriff eines modernen Reitpferdes darstellen sollte und dies vermutlich auch tat, an den Hengst Wendekreis an?"

            Ich denke, man darf nicht in Vergessenheit geraten lassen, dass in den 80ziger Jahren der Pferdemarkt und die Wettkampfsituation auf Turnieren anders aussah als heutzutage. Es waren Doppelveranlagte gefragt. Die Kombination WendekreisxNovum xx wurde vom Züchter immerhin 3x vorgenommen. Er scheint ja offensichtlich zufrieden gewesen zu sein, mit dem Ergebnis.
            Zuletzt geändert von CanCan; 18.02.2020, 08:57.

          • cps5
            cps5 kommentierte
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            Ja, das stimmt sicher und erklärt sicher auch die eine oder andere Deckstellenbesetzung (z. B. Woermann neben Götz u. a. oder die Anpaarung von Wanderer an eine Stute von Wenzel I). Der Nachkomme war sogar körfähig und ein gutes Reitpferd - genau wie der Hengst Großmogul v. Götz aus einer Woermann-Stute. Aber der Versuch, Doppelveranlagung durch Anpaarung zweier Spezialhengste für ihre jeweilige Disziplin ging auf Dauer nicht gut. Das eine oder andere Pferd, das die Vorzüge beider Elternteile mitbekommen hat, hat es natürlich gegeben. Aber zum Einen war das bereits selten genug, und zum Anderen ließ sich damit in der Regel nicht zuverlässig weiterzüchten, weil keiner wusste, wie sich die Stärken und Schwächen in der nächsten Generation aufspalteten. Werther fällt mir tatsächlich als einziger Hengst ein, der ein richtig guter Vererber war und das ließ sich auch nicht wie erhofft in die nächsten Generationen retten. Großmogul wurde vielleicht ein wenig zu früh abgegeben.

            Auf der anderen Seite hatte man echte Doppelvererber, zu denen die Nachkommen der meisten Vollblüter und Abglanz gehörten, sukzessive aus der Zucht entfernt.

            Wenn ich deinen Hinweis lese, nehme ich an, dass durch die relative Erfolglosigkeit dieser Anpaarungen von zwei gegensätzilchen Spezialisten dann die Spaltung in Dressurpferde- und Springpferde-Lager entstanden ist, die aber meiner Meinung nach auch kein "Allheilmittel" ist.

          • CanCan
            CanCan kommentierte
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            Na, ja, ich denke die Abstammungen waren auch viel Geschmackssache, was ja auch mit passender Chemie zwischen Reiter und Pferd zu tun hat, und dem was man am Ende will und erreichen möchte. Ein Vereinskollege hatte auf alles geschworen von Don Carlos, Drosselklang und später von Graf Top. Ein Don Juan konnte einen an seine Grenzen bringen. Andere würden bei diesen Namen schonmal gleich reißaus nehmen. Mit einem sehr lieben Matador/Marconi irgendwo im Mutterstamm hat man nettere Exemplare erreicht. Ein Werther wurde hier als holziger, schwerfälliger, blöder E... angesehen. Damals waren die Nachkommen ja noch direkter dran, heute würde ich all diese sehr gern ab der 3. Generation sehen, deren Nachkommen Laufen alle gut. Bei den irgendwie ewig durchschlagenden Leistungsvererbern musste man allerdings davon ausgehen, das 1 x Reiten auf keinen Fall ausreichte, also morgens früh aufstehen, damit mindestens 2 x , wenn nicht sogar 3 x bei den Steiferen, erreicht werden konnte, damit das Wochenende erfolgreich lief. Für Jugendliche war diese Abstammung weiter vorne eher nichts, eher für die erfahrenen Reiter.

            Wanderer war eine gute Seele. Fabrianos konnten beides bis in hohe Klassen, und waren sehr umgänglich.

            Bei Abglanz/Absatz war seine extreme Guckigkeitsvererbung, der Grund für seinen Werdegang. Der hat doch hinter jedem Blatt ein Gespenst gesehen haben.

            Bei Weltmeyers o. ä. (jedenfalls ein bekannter W...), gab es Beanstandungen mit der zu weichen Fessel bei den Nachkommen, worauf ziemlich spät reagiert wurde?
            Zuletzt geändert von CanCan; 29.02.2020, 09:44.
        • cps5
          • 07.07.2009
          • 1607

          #16
          Fortsetzung:

          Dass bei dem Drüber und Drunter mit dem schwierigen Blut des Gardeulan I und der nun schon häufig erwähnten Einfluss der Alnok-Linie dann Probleme auftreten, weil sich das Temperament der Nachkommen des Don Frederico nicht immer mit dem Stundenplan in der Ausbildung eines Dressurpferdes vereinbaren lassen will, liegt auf der Hand. Damit sind seine Nachkommen bei Weitem nicht allein. Don Frederico hat offenbar die besten Nachkommen mit hoch im Blut stehenden Stuten geliefert.

          Im Falle von Doro B ist die hoch im Blut stehende Mutterseite gegeben. Ihre Großmutter Oculi xx ist eine Tochter des Vollblüters Tumble Wind xx. Es wäre interessant zu wissen, wie Oculi xx in die Warmblutzucht gelangt ist. Tumble Wind xx ist in den USA geboren und ist seine Rennen dort gelaufen, und zwar so gut, dass er für die Vollblutzucht anerkannt und in Irland aufgestellt wurde. Bei der Mutter der Oculi xx handelt es sich um die deutsche Vollblutstute Odilia xx (v. Kronzeuge xx), die eigens nach Irland verschifft wurde, um von ihm gedeckt zu werden. In der Vollblutzucht ist ja nur der Natursprung erlaubt. Bei den Kosten für Decktaxe, Transport, Unterbringung etc. wird man kaum im Sinn gehabt haben, eine für die Warmblutzucht möglichst geeignete Vollblutstute zu ziehen.

          Wie dem auch sei: Oculi xx wurde an Weltruhm angepaart, einem der vielen Weltmeyer-Söhne. Wenn man schon eine Vollblutstute in die Warmblutzucht einführt, ist es klar, dass man dieses Blut entsprechend schätzt. So hat man mit Weltruhm einen Weltmeyer-Sohn ausgewählt, dessen Mutter Navarina eine Halbblutstute von Nevado xx ist. Sowohl Weltmeyer als auch Navarina gehen zudem auf das Trakehner Hauptgestüt zurück. Weltmeyer sowohl über die Mutterseite seines Vaters World Cup I (dessen Mutter Sendernixe entstammt der Hengstlinie des Senator, die vom Trakehner Semper idem gegründet wurde) als auch über die Vaterseite seines Muttervaters Absatz, der der einflussreichste Sohn des Abglanz in Hannover war. Navarina geht über die väterliche Seie ihrer Mutter Seeluft ebenfalls auf Senator und Semper idem zurück. Deren Muttervater Lugano I bringt dann wiederum englisches Vollblut durch dessen Vater Der Löwe xx ins Spiel.

          Bei der Verbindung des Don Frederico mit Doros Mutter Wegwarte (v. Weltruhm a. d. Oculi xx) kann man sagen, dass zwar jetzt im Prinzip gute Voraussetzungen für die Dressur in die Wiege gelegt sind. Einfacher wird es dadurch aber nicht. Im Stillen habe ich mich gefragt, ob der Benutzername "Gewitterhexe" nicht vielleicht sogar den Spitznamen der Doro B darstellt. Am Sinnvollsten scheint es mir, man vergisst die hohe Kunst der Dressur (auch wenn die Gangarten und die Lernfähigkeit sehr groß sein dürften) und widmet sich der Vielseitigkeit. Ist für jemandem, der sich ein Pferd mit so viel Blutanteilen, die man mit Sicherheit bei Doros Erscheinung auch sehen wird, zulegt, wohl ohnehin naheliegend. Totzukriegen ist die Stute nicht. Dressurarbeit, die sie als nervtötend empfinden dürfte, will wohl dosiert sein. Sie braucht sicher einen sehr gefühlvollen Reiter, der sich andererseits von ihr aber auch nicht verkohlen lassen darf. Mit nunmehr 18 Jahren braucht man sicher keine Strategie für eine gelungene Ausbildung mehr. Aber sie wird sich eher wie eine 8-Jährige verhalten, und das tägliche Pensum, das man mit ihr immer noch gehen kann, vielleicht sogar muss, damit sie ausgelastet ist, dürfte immer noch enorm sein.

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          • Timmy
            Timmy kommentierte
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            ich finde es einfach Waahnsinn welches Fachwissen Du hast....einfach toll. cps5 darf ich mich mit meiner Stute in die lange Reihe stellen? es wäre wirklich super wenn Du mir zu meiner Stute etwas sagen könntest...

            Vielen herzlichen Dank..

          • Gewitterhexe
            Gewitterhexe kommentierte
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            Wow, cps5!
            Chapeau !!
            Deine Ausführungen über das Pedigree sind der Hammer!
            Nebenbei hast du Dori ziemlich gut charakterisiert. Bekommen habe ich sie vor 9 Jahren nach drei Fohlen, NULL ausgebildet.
            Sie war damals schon sehr abgeklärt ( das ist der einzige Fehler in deiner Charakterstudie, ist vllt den drei Fohlen geschuldet)
            Testet wirklich JEDEN Reiter auf seine Grenzen...lustig wird es immer nach dem dritten, vierten Reitversuch, dann hat sie raus „wie der tickt“ und macht sich eine Schuckelstunde...wenn man es zulässt.
            Und ja, manchmal hat sie auch Gewitter im Kopf!

            Ich danke dir ganz herzlich für deine Mühe, ich bin völlig begeistert , fehlt nur noch, dass du ihre Fellfarbe bestimmen kannst?
            Zuletzt geändert von Gewitterhexe; 17.02.2020, 14:49. Grund: Smileys entfernt, funktionieren nicht

          • cps5
            cps5 kommentierte
            Kommentar bearbeiten
            Na ja, bei Horsetelex steht, sie ist braun - das glaube ich jetzt mal einfach. Da sind die Vollblut-Vorfahren der Mutter durchgekommen. Interessant bei einer damals 9-jährigen Stute mit drei Fohlen ohne jede Ausbildung ist natürlich, ob man es gar nicht errst versucht hat, wohl ohnehin nur für die Zucht geplant, dazu ist sie eigentlich zu spät geboren. Oder ob man es doch versucht hat und gescheitert ist und sie dann lieber als roh oder quasi roh bezeichnet hat. Immerhin kann man wohl von ihr eine Menge über die Psyche eines Pferdes lernen.
        • anthea7819
          • 17.04.2012
          • 1322

          #17
          Vielen Dank!
          Ich bin zwar nur Mitleser.
          Ich finde es aber immer spannend deine Ausführungen mit den zeitlichen Hintergrundinfos zu lesen!

          Kommentar

          • Twilight Time
            • 15.02.2019
            • 60

            #18
            Ich finde das auch super interessant!

            Kannst Du zu meiner Stute auch was sagen?
            https://www.horsetelex.de/horses/ped...271/lottaleben
            Zuletzt geändert von Twilight Time; 17.02.2020, 08:06.

            Kommentar

            • Timmy
              • 13.03.2013
              • 93

              #19
              ich finde es einfach Waahnsinn welches Fachwissen Du hast....einfach toll. cps5 darf ich mich mit meiner Stute in die lange Reihe stellen? es wäre wirklich super wenn Du mir zu meiner Stute etwas sagen könntest...

              Vielen herzlichen Dank..

              Kommentar

              • cps5
                • 07.07.2009
                • 1607

                #20
                Danke euch für euer Feedback. Die weitere Reihenfolge der Besprechung wäre dann:
                Happy Deal (Schnuff)
                Lottaleben (Twilight Time)
                Destiney (Rodenia)
                La Luna Bianca (Timmy) - Mann. ist die schön, ich habe ja was übrig für Schimmel ...

                Bitte ein bisschen Geduld. Mitunter komme ich nur am Wochenende dazu, aber hier kann ich eigentlich zu jedem Pferd etwas sagen.

                Kommentar


                • Twilight Time
                  Twilight Time kommentierte
                  Kommentar bearbeiten
                  Da kann ich nur zustimmen. Ich bin eigentlich nicht so der Schimmel-Fan, aber Timmys Stute finde ich auch toll. Was für eine Ausstrahlung!
                  Super, ich bin schon sehr gespannt. Und natürlich haben wir Geduld. Ich denke, jeder hier weiss Deine Mühe zu schätzen!

                • Timmy
                  Timmy kommentierte
                  Kommentar bearbeiten
                  vielen Dank für das Kompliment ...ja sie ist wirklich eine Schönheit....ich bin schon sehr gespannt was Du schreiben wirst.......

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