Artgerechte Haltung - Probleme?

[Fine2000]

Ich habe am Freitag was unglaubliches erlebt:
Mein Rentnerpferd steht auf einem Bauernhof auf der Weide. Zusammen mit anderen Rentnern, insgesamt eine Gruppe von 4 Pferden. Die Weide ist groß, hat ein wenig Gefälle, so dass das Wasser sehr gut abläuft und wirklich wenig Matsche da ist. Die Pferde haben eine große Weidehütte, sauber eingestreut (Stroh) und drumherum befestigt, also keine Matsche an Ein- und Ausgang. Auch die Fressstände sind befestigt und die Trinkstelle auch. Ein Matschlich gibt es natürlich trotzdem und mein Pferd wälzt sich jeden Tag ausgiebig.

Am Freitag Morgen war ich zufällig da (Urlaub) und da kamen 4 Leute vom Veterinäramt zur Kontrolle. Es gab einen anonymen Anruf aus dem Zug (der Hof liegt direkt an einer Bahnstrecke), die Pferde ständen im Regen und im Matsch, wären ungepfelgt und abgemagert und könnten sich nicht unterstellen.

Die 4 Personen haben alle Ecke der Weide besichtigt, sind in der Weidehütte rumgesprungen, haben die Befestigung um die Fressstände fast schon mit der Lupe untersucht, haben sich alle Pferde einzeln vorführen lassen (im Stand, alle 4 Hufe kontrolliert und einmal auf und ab traben lassen) und dann aber gesagt "Alles optimal, besser geht nicht".

Ich fand das unglaublich. An jeder Ecke gibt es schlechte Haltung, in vielen Reitställen stehen Pferde 23 Stunden am Tag in der Box und werden eine Stunde am Tag von ihren Reitern gerollt oder anderweitig traktiert und dann kommen 4 Leute und stellen einen Hof auf den Kopf, wo die Pferde artgerecht gehalten werden...
Ist ja schön, dass sie sich kümmern, aber man hätte auf einen Blick sehen können, dass alles gut ist.

Habt ihr sowas auch schon erlebt?

[Tini45]

Das ist das Problem, dass einfach viel zu viele Leute keine Ahnung von Pferden oder Pferdehaltung haben und einfach meinen da steht nen Pferd im Regen und Matsch, das kann sich ja nicht wohl fühlen.
Es gibt aber genügend Pferde denen das nichts ausmacht oder sich sogar ausgiebig und gerne drin wälzen.
Sei froh das das Vet-Amt dir die gute Haltung bestätigt hat. Leider hört man zu oft das sie zu wirklich dringenden Fällen nicht hinfahren aufgrund mangelnder Beweise...

[Peppina]

Das Problem an der Sache ist, dass viele Außenstehende nicht beurteilen können, was für Pferde artgerechte Haltung ist. Die meinen halt, wenn die Pferde den ganzen Tag schön sauber gestriegelt in der Box stehen, fühlen die sich wohl.

Natürlich kann ich Deine Reaktion verstehen, aber prinzipiell finde ich es gut, dass das Vetamt solchen Hinweisen nachgeht. Und die artgerechte Haltung wurde Dir ja damit bestätigt.

Ich bin auch gerade am überlegen, ob ich mal das Amt anrufe. Bei mir in der Nähe stehen 5 Pferde in Offenstallhaltung. Im letzten halben Jahr sind 3 davon neu dazugekommen. Ich hatte erst gedacht, die wurden aus schlechter Haltung gerettet, weil die so dünn waren. Aber irgendwie nehmen die überhaupt nicht zu. Die sind noch immer klapperdürr. Sehen auch aus, als wenn die nen recht hohen Blutanteil haben. Denke jetzt darüber nach, ob ich da mal tätig werde, oder ob ich mich da raushalte.

[Fine2000]

Hinweisen nachgehen ist ja gut und schön.
Aber wirklich jeden Winkel inspizieren, obwohl man auf einen Blick sehen kann, dass alles in Ordnung ist...anscheinend hatten die sonst nichts zu tun. Nach ihrer Inspektion hatten sie auch noch Zeit mit dem Hofbesitzer Kaffe zu trinken und ein Pläuschen zu halten.

Muss es dann sein, dass 4 Leute min. 3 Stunden unterwegs sind wg. so einer Sache? Haben die denn nichts wichtigeres zu tun?

[Britta-Lotta]

Hmmm... Ich finde es gut, das sie, wenn sie da sind, alles genau überprüfen. Und wenn man nichts zu befürchten hat, ist es doch sehr schön!

[Britta]

Habt ihr sowas auch schon erlebt?

ja . Ich wurde auch schon angezeigt von einem 14-jährigen Mädchen aus dem früheren Dorf. Sie hatte sich von mir vernachlässigt gefühlt, nachdem ich den Kontakt abgebrochen hatte (sie war eine notorische Lügnerin, hatte große Probleme und ich fühlte mich nicht in der Lage, ihr die entsprechende psychologische und professionelle Hilfe zu geben). Ihren eigenen Bruder hatte sie ebenfalls 1 - 2 Mal pro Jahr angezeigt.
Ich finde es gut, wenn solchen Hinweisen nachgegangen wird und sich jemand kümmert. In meinem Fall war das eine junge Dame vom Tierschutzverein, die leider keine Ahnung von Pferden und artgerechter Haltung hatte, allerdings meinte sie, wenn sie einen kleinen Zweifel gehabt hätte, dann wären die Tiere nochmals fachkundig begutachtet worden.
Ich wurde damals angezeigt, weil ich angeblich
- meine Pferde mit Essensresten gefüttert hätte (unvorstellbar, wenn ich mich von Heu, Hafer und Gras ernähren müßte)
- die Pferde viel zu fett wären (sie hatten ein paar Kilos zuviel, das konnte ich auch bedenkenlos zugeben)
- die Tiere 24 Stunden im Mist stehen und ich nie misten würde (bin schrecklich penibel, was das Misten angeht)
- meine Pferde misshandeln und quälen würde (die junge Dame war total schockiert, daß die Pferde auf Pfiff vom letzten Ende der Koppel angerast kamen und keinen Kratzer hatten )

Ich finde es zwar traurig, daß sich die Leute umsonst Mühe machen, denn viele Helfer sind ehrenamtlich unterwegs und engagieren sich in ihrer Freizeit. Allerdings weiß das niemand, bevor er sich nicht selbst überzeugt hat. Die Frau vom Tierschutzverein, die mich aufgesucht hatte, war etwas "verstimmt" und fühlte sich völlig veräppelt. Rechtliche Folgen gibt es für solche "Anzeiger" im seltensten Fall, weil die meisten Hinweise anonym erfolgen. Wir wußten, wer es war...

Vielleicht haben die Leute vom Veterinäramt mehr Zeit als die von den Tierschutzvereinen... sollen sie doch mal nach Red Patrick gucken...
Wobei ich mir vorstellen könnte, daß die Amtsärzte wesentlich gewissenhafter arbeiten müssen.

[Peppina]

Muss man denn so jemand vom Tierschutzverein auf den Hof lassen und denen Auskunft geben?

[Virginia80]

Nein, Tierschutzvereine haben keine rechtliche Handhabe. Nur das Vet Amt darf Tierhaltung begutachten und beurteilen.
Bei uns hier haben Tierschutzvereine auch kaum Ahnung von Pferden..

[Britta]

Muss man denn so jemand vom Tierschutzverein auf den Hof lassen und denen Auskunft geben?

ob man jemanden ohne Durchsuchungsbeschluß in seine Ställe lassen muß, weiß ich nicht. Wahrscheinlich nicht, wenn abgeschlossen ist, darf sich ja auch keiner mit Gewalt Zugang verschaffen.
Allerdings tat mir die Frau echt leid, die versuchte, sich um gequälte Kreaturen zu kümmern und bei mir gelandet ist ...
Das war damals ein herrlicher, sonniger Freitagnachmittag und sie hätte sicherlich andere Dinge zu tun gehabt, als meine Rösser zu begutachten und festzustellen, daß ihr Weg umsonst war. Und da ich ein freundlicher Mensch bin, war es für mich kein Problem, ihr den Stall und die Pferde zu zeigen und ihre Fragen zu beantworten. Die kam sich echt blöd vor!

[andreaqhav]

leute mit 0 ahnung

ein tierarzt i.r. wollte mich auch schon anzeigen. meine pferde hätten keine artgerechte haltung.

die haltung: stall mit auslauf und daneben die koppel. ich muß zugeben daß ca 1 meter auf den weg zum auslauf nicht befestigt war. dieser meter war matschig.die pferde hatten aber jederzeit einen sauberen und trocknen stall.
das eine pferd hatte eine stauballergie.diese haltung hat ihn sehr gut getan,ständig frische luft. besser als im reitstall, der dunkel war und die boxen ein maß von 3x3m hatten. genau in den reitstall war der tierarzt i.r. vorstand gewesen.vielleicht hat er sich geärgert weil zur damaligen zeit so viele pferdebesitzer "ausgezogen" sind.
aber genau dieser, oben erwähnte tierarzt; hat sein pferd 4 wochen mit den gleichen verband (wundverband) in der box stehen lassen !!!!!! eine ehemalige pflegerin erneuerte den verband dann.
für ihn war es auch ok, daß sein pferd monatelange 24 stunden in der box stand !

[Aragon5]

Und wenn einer sein Pferd ohne Unterlass prügelt und es 23 h in der Box steht, manchmal auch mehrere Tage lang, interessiert das auch keinen.Dass der Bock vor lauter Schmerzen lahm aus der Box geht und dann beim reiten den Rüssel auf die Brust gezogen bekommt und dann anschließend den Frack voll so das alle anderen Reiter fluchtartig die halle verlassen müssen, weil sonst die eigenen Viecher am rad drehen, interessiert keinen.
So isses nämlich. ich frag mich- wo fängt die Tierquälerei an?
Ich finde genau da- nur selbst eine Anzeigen würde nichts bringen weil das Pferd ja trocken und sauber und zeckerlfett in seiner viel zu kleinen Box vor sich hinvegetiert.
LG

[Pferdehof_A.]

Hinweisen nachgehen ist ja gut und schön.
Aber wirklich jeden Winkel inspizieren, obwohl man auf einen Blick sehen kann, dass alles in Ordnung ist...anscheinend hatten die sonst nichts zu tun. Nach ihrer Inspektion hatten sie auch noch Zeit mit dem Hofbesitzer Kaffe zu trinken und ein Pläuschen zu halten.

Muss es dann sein, dass 4 Leute min. 3 Stunden unterwegs sind wg. so einer Sache? Haben die denn nichts wichtigeres zu tun?

Habt ihr schon mal was von Cross-Compliance gehört? Das sind Fachrechtskontrollen die ggf. Auswirkungen auf die Förderung der landwirtschaftlichen Betriebe haben.
Das Vet.-Amt musste in dem Fall den Hof kontrollieren und zwar peínlichst genau! Wenn dann nämlich was festgestellt werden würde, dann bekommt das Bäuerlein im nächsten Jahr weniger Betriebsprämie ausgezahlt wegen Verstoß gegen das Fachrecht.
Ansonsten denke ich auch, dass zuviel Leute glauben, von Tierhaltung etwas zu verstehen und das auch noch vom vorbeifahrenden Zug gut beurteilen können.

[arosa]

Das ist die "gute" alte

BLOCKWARTMENTALITÄT

der Deutschen, nicht von allen, aber doch von vielen.
Offenbar schon genetisch verankert, anders kann ich mir das nicht erklären...
"Melden" ... denunzieren ...

[Arame]

Ich kenne auch solche Fälle, wo es eine Anzeige gab "weil den Pferden die Augen zugebunden wurden" (Fliegenmaske) und weil die Pferde Tag und Nacht draußen stehen müssen und "jämmerlich frieren" (mit gutem Winterfell im Frühling)

[DieRatte]

Naja, das ist ein zweischneidiges Schwert. Ich würde schon lieber jemandem vom Tierschutzverein oder einem Amtsvet meine gute Pferdehaltung vorführen als daß die Leute einfach blind an wirklich schlechten Verhältnissen vorbeilaufen und nix unternehmen... Solange ich mir selber nichts vorzuwerfen habe, mag das zwar Zeit- und Geldverschwendung sein, aber vielleicht informiert dieselbe Person beim nächsten Mal den Amtsvet bei wirklich katastrophalen Zuständen statt wie so viele andere Leute einfach wegzugucken und nichts zu tun.

[Britta]

Naja, das ist ein zweischneidiges Schwert. Ich würde schon lieber jemandem vom Tierschutzverein oder einem Amtsvet meine gute Pferdehaltung vorführen als daß die Leute einfach blind an wirklich schlechten Verhältnissen vorbeilaufen und nix unternehmen... Solange ich mir selber nichts vorzuwerfen habe, mag das zwar Zeit- und Geldverschwendung sein, aber vielleicht informiert dieselbe Person beim nächsten Mal den Amtsvet bei wirklich katastrophalen Zuständen statt wie so viele andere Leute einfach wegzugucken und nichts zu tun.

dito